Atmende Richtgrößen

Jamaika-Unterhändler trotz Kompromissangeboten der Grünen bis zuletzt hoffnungslos verhakt

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Bis zum Schluss waren es die bekannten Themenfelder, auf denen die Unterhändler keine Einigung erzielten - an erster Stelle der Familiennachzug zu Kriegsflüchtlingen mit weniger sicherem Aufenthaltsstatus. Zugleich waren es erneut die Grünen, von denen das Bemühen um Kompromissgesten gemeldet wurden. So sei man bereit, die von der CSU angestrebte Obergrenze als »atmende« Richtgröße zu akzeptieren, hieß es. Der Familiennachzug solle von der CSU nun ebenso flexibel behandelt werden. CSU-Chef Seehofer kam den Grünen immerhin verbal entgegen, als er sagte, man wolle »Humanität und Ordnung mit einer Begrenzung der Zuwanderung«. Die Grünen sprechen in der Migrationspolitik gern vom Zweiklang aus Humanität und Ordnung.

Am Abend, bei Redaktionsschluss des »nd«, war der Ausgang noch immer offen, zumal auch beim Klimaschutz und in der Energiepolitik die alten Konflikte nicht gelöst schienen. In den Berliner Parteizentralen wurde bereits über Neuwahlen als Folge eines Scheiterns spekuliert, während Unterhändler andeuteten, eine weitere Verlängerung könne vielleicht doch noch zum Ergebnis führen. Zumindest hatte CSU-Chef Horst Seehofer schon am Vormittag den geplanten Abschlusszeitpunkt von 18.00 Uhr in Frage gestellt. Dies könne nicht eingehalten werden, es gebe noch einen »Berg von Entscheidungen«.

Von der Unsicherheit des Ausgangs der Verhandlungen zeugt auch das Urteil, das die Grünen-Vorsitzende Simone Peter abgab. Es gebe Bewegung, aber »oft in verschiedene Richtungen«. In manchen Punkten gehe es voran, in anderen rückwärts. Bereits erzielte Verständigungen bei der Energiewende etwa seien »teilweise wieder aufgemacht« worden. Schon am Freitag hatten die Sondierungen eigentlich beendet sein sollen. Am Ende sollte die Entscheidung darüber stehen, ob es zwischen den vier Parteien zu formellen Koalitionsverhandlungen kommt.

CDU-Vize Thomas Strobl berichtete immerhin von einer grundsätzlichen Einigung im Bereich Wirtschaft. Es sei nur einer kleiner Punkt beim Thema Entbürokratisierung offen. Es bestehe das Ziel, Vollbeschäftigung in Deutschland zu erreichen.

Angesichts der schwierigen Lage ermahnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die vier Parteien, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und Neuwahlen zu vermeiden. Zugleich ließ SPD-Parteichef Martin Schulz wissen, dass die Sozialdemokraten bei ihrem Nein zu einer Neuauflage der Großen Koalition bleiben. Sollte kein Jamaika-Bündnis zustandekommen, gäbe es Neuwahlen, so Schulz gegenüber der »Bild am Sonntag«. Grünen-Chef Cem Özdemir mahnte die Jamaika-Partner mit Blick auf die weltweiten Krisen und den stärker werdenden Rechtspopulismus in Europa, man müsse bereit sein, sich zu bewegen, aus Verantwortung oder auch »Patriotismus für das Land«. Mit Agenturen Seiten 2 und 4

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