»Selbstbeschäftigungs-Programm für die Verwaltung«

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Der Greifswalder Wirtschaftsgeograf Helmut Klüter fordert eine Korrektur von Fehlern bei der Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern. »Die Kreisgebietsreform hat das wirtschaftliche Gefälle zwischen dem Osten und Westen des Landes Mecklenburg-Vorpommern vergrößert«, sagt Klüter. Innerhalb von sechs Jahren hätten sich für den östlichen Landesteil Wachstumsverluste von mindestens 4,15 Milliarden Euro ergeben. Die SPD/CDU-Landesregierung müsse jetzt gegensteuern und dezentralisieren: Schulen, Gemeindeverwaltungen, Ärzte müssten aufs Land.

In Brandenburg war die geplante Kreisgebietsreform Anfang November gestoppt worden. »Vernünftig«, sagt der Professor an der Universität Greifswald. Er war als Experte im brandenburgischen Landtag gehört worden.

Die Kreisgebietsreform in Nordosten »war und ist noch immer ein grandioses Selbstbeschäftigungs-Programm für die Verwaltung«, sagt Klüter. Besonders betroffen sei der Landesosten, in dem sieben Kreissitze verloren gingen. »Die Wirtschaftsverluste sind enorm, weil es mit dem Wegfall der Landkreise vor Ort keine Kompensation mit Ersatzarbeitsplätzen gab. Die regionale Wirtschaft verlor wichtige Auftraggeber und bedeutende Konsumenten«, erklärte Klüter. »Wo demokratische Institutionen, Unternehmen und Entscheidungsträger (wie Kreisverwaltungen) aufgelöst wurden, entstand Platz für undemokratische und verfassungskritische Strukturen, wie die Wahlergebnisse mit dem hohen AfD-Anteil im Osten des Landes zeigen.«

Klüter bezweifelt, dass die Kreisgebietsreform jemals Einsparungen bringen wird. Die Verluste überstiegen bislang die Einsparhoffnungen um ein Vielfaches. »Für die öffentliche Hand gab es bislang keine Einsparungen, sondern nur zusätzliche Ausgaben. In den ersten drei Jahren nach der Reform stieg die Beschäftigtenanzahl in den Verwaltungen sogar an.« Es sei »davon auszugehen, dass die durch die Reform ausgelösten Negativeffekte erst in zehn Jahren kompensiert sein werden«. dpa/nd

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