Fahrgastverband: Geld für Stuttgart 21 fehlt an anderer Stelle

Baden-Württembergs Ministerpräsident lehnt es erneut ab, dass das Land einen Teil der entstehenden Mehrkosten übernimmt

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Stuttgart. Die steigenden Kosten beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21 können nach Einschätzung von Fahrgast- und Verkehrsverbänden negative Folgen für Bahnkunden bundesweit haben. »Durch die fatalen Mehrkosten fehlt das Geld an anderer Stelle, beispielsweise für den dringenden Ausbau so mancher regionaler Strecke«, sagte Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Neumann der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.

Auch Matthias Lieb, Landeschef des ökologischen Verkehrsklubs VCD, sieht das so. Der »Pforzheimer Zeitung« sagte er: »Man sieht ja heute schon, dass die Fahrgäste mit großen Verspätungen konfrontiert sind.« Dies liege oft daran, dass Wagen- und Lokmaterial nicht ausreichend funktionierten und es Weichen- und Signalstörungen gebe. »Das sind alles Dinge, an denen man gespart hat. An denen wird nun noch mehr gespart werden müssen.«

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die Bahn einen Kostenrahmen von 7,6 Milliarden Euro für das umstrittene Projekt erwartet - bislang waren es 6,5 Milliarden Euro. Die Fertigstellung verzögert sich zudem bis Ende des Jahres 2024. Der neue Zeit- und Kostenplan soll auf einer Sondersitzung des Aufsichtsrats Ende Januar 2018 beschlossen werden.

Die Projektpartner von Stuttgart 21 bekräftigten, sich nicht an den Mehrkosten beteiligen zu wollen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«: »Welche Zahlen auch immer am Ende bestätigt werden, es bleibt dabei: Bauträger ist die Bahn, verantwortlich sind daher die Bahn und der Bund. Das Land zahlt nicht mehr als die vereinbarten 930 Millionen Euro.« Daran ändere auch die sogenannte Sprechklausel nichts, sagte Kretschmann. Doch genau um diese Klausel dreht sich der vor dem Verwaltungsgericht anhängige Rechtsstreit. Die Bahn hatte im Dezember 2016 Klage gegen die Projektpartner eingereicht. Sie will erreichen, dass sie sich an Mehrkosten beteiligen. Projektpartner sind das Land, die Stadt Stuttgart, die Region Stuttgart und der Flughafen Stuttgart.

Bei dem Projekt soll aus dem Stuttgarter Kopfbahnhof ein unterirdischer Durchgangsbahnhof werden. An der Station wird seit Februar 2010 gebaut. Das Projekt hatte im Jahr 2010 für große Proteste gesorgt. Zehntausende Menschen waren dagegen auf die Straße gegangen. Im November 2011 stimmten in einer Volksabstimmung dann aber 58,8 Prozent der Teilnehmer gegen einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung des Bahnprojekts - und damit für Stuttgart 21.

Inzwischen wird sogar über Abriss gesprochen. Wie das »Handelsblatt« berichtet, würden laut der Prüfungsgesellschaft PwC und der Ingenieursgruppe Emch+Berger die unmittelbar anfallenden Abbruchkosten bei sieben Milliarden Euro liegen - und damit über den Kosten, zu denen sich das Projekt zu Ende bauen lasse. Agenturen/nd

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