Entfesseltes NRW

Schwarz-gelbe Landesregierung will Vorschriften für Unternehmen lockern

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Berlin. Bei den Auftritten Harry Houdinis waren die Aufgaben klar verteilt: Der Künstler wurde sorgfältig gefesselt, manchmal von echten Polizisten. Anschließend befreite er sich vor staunendem Publikum von seinen Ketten. In der Politik ist die Sache vertrackter: Viele Bürger und viele Politiker sind überzeugt, dass Regierungen dem Kapitalismus sorgfältig Zügel anlegen sollten, damit sich der Wohlstand nicht nur bei einigen wenigen ansammelt und damit auch Beschäftigte einigermaßen geschützt sind. Die CDU-FDP-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sieht das jedoch anders. Sie hat »Entfesselungspakete« beschlossen, mit denen sie Firmen mehr Freiheit geben will.

Die einzelnen Vorhaben sind nicht sehr originell. Schwarz-Gelb will es zum Beispiel Einzelhandels-Unternehmen erlauben, an mehr Sonntagen ihre Geschäfte zu öffnen. Damit kommt sie den Warenhausketten Karstadt und Kaufhof entgegen, die eine Aufhebung des Sonntagsschutzes im Einzelhandel fordern. Der schwarz-gelbe Plan gibt Unternehmen mehr Freiheit - und schränkt die Freiheit von Beschäftigten ein. So erklärte kürzlich der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier: »Sonntagsschutz ist Freiheitsschutz.« Der Sonntagsschutz »zieht dem ökonomischen Nutzdenken eine Grenze und dient dem Menschen um seiner selbst willen«, zitierte Papier aus einem Beschluss des Bundesverfassungsberichts.

Die nordrhein-westfälische DGB-Chefin Anja Weber wurde konkreter: »Die Ausweitung der Ladenöffnungen an Sonntagen wird die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel verschlechtern. Aus Erfahrung wissen wir, dass längere Öffnungszeiten prekäre Beschäftigungsverhältnisse befördern.« Doch das kümmert die Landesregierung nicht, sie hat bereits ein weiteres Entfesselungspaket vorgelegt. rt Seite 6

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