Mit Fördergeld gegen den Verfall

Brandenburg unterstützt mit Millionensummen den Erhalt seines baulichen Denkmalerbes

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Wunderblutkirche St. Nikolai in Bad Wilsnack (Prignitz) hat es Brandenburgs Landeskonservator Thomas Drachenberg besonders angetan. Das Gotteshaus, dessen Anfänge auf die Zeit vor 1300 zurückgehen, war Mitte des 16. Jahrhunderts eine der bedeutsamsten Wallfahrtsstätten in Europa. Ihr Ruhm ging auf ein angebliches »Bluthostienwunder« nach dem Kirchenbrand von 1383 zurück. Seit rund zwei Jahren wird der monumentale Backsteinbau für 2,4 Millionen Euro saniert. Wie Drachenberg am Mittwoch in Potsdam bei der Vorstellung von Bilanz und Ausblick zur Denkmalförderung in Brandenburg deutlich machte, hätte die Kurstadt Bad Wilsnack, die 1384 erstmals urkundlich erwähnt wurde, das Zeug dazu, in einer ganz anderen Liga, ja sogar auf Augenhöhe mit Köln wahrgenommen zu werden.

So verwies der Landeskonservator auf den hohen Rang der Prunksärge in der Wunderblutkirche. Vor allem die neun sehr unterschiedlichen Holzsärge aus der Zeit von 1697 bis 1900 seien besondere Zeugnisse neuzeitlicher Bestattungskultur und böten bilderbuchartige Einblicke in die Stilgeschichte vom Hochbarock bis zum Historismus. Der älteste Sarg gehört Ottilia Elisabeth von Bismarck, die 1695 starb - ihr Mann hatte die Kanzel nach ihrem Tod mit den Wappen der Familien von Bismarck und von Saldern gestiftet. Die Restaurierung der sehr gut erhaltenen Prunksärge, die insgesamt 100 000 Euro kostete, wurde mit 50 000 Euro aus der Landesdenkmalhilfe gefördert.

Die Landesregierung hat sich Erhalt, Sanierung und Restaurierung von Denkmalen 2017 insgesamt 39 Millionen Euro kosten lassen, drei Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. In diese Fördersumme teilten sich das Infrastrukturministerium mit 24 Millionen Euro aus dem Förderprogramm zum städtebaulichen Denkmalschutz sowie das Kulturministerium mit 15 Millionen Euro.

Nach Einschätzung von Kulturministerin Martina Münch (SPD) entfalte die Denkmalförderung in allen Regionen des Landes Wirkung. »Die zahlreichen Gutshäuser, Kirchen, Industriebauten und Wohnhäuser sind nicht nur einmalige Zeugnisse der Geschichte und Teil der Identität unseres Landes - sie sind aufgrund ihrer Authentizität besonders geeignet, Kinder und Jugendliche aber auch Menschen mit anderen kulturellen Wurzeln mit unserer Geschichte und Kultur in Berührung zu bringen«, erklärte Münch. Sie verwies auf Brandenburgs Beitrag zum beginnenden Europäischen Kulturerbejahr 2018, das auf eine Initiative des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zurückgeht.

Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) betonte die Bedeutung des städtebaulichen Denkmalsschutzes. »Es entstehen Wohnungen für Senioren oder Familien - in die frisch sanierten Gebäude ziehen aber auch soziale Einrichtungen. So bringen wir neues Leben in die Häuser und tragen dazu bei, dass auch die Städte lebendiger werden. Dies ist eines unserer Ziele der Strategie Stadtentwicklung und Wohnen«, sagte sie.

Aus den Fördermillionen des Kulturministeriums flossen rund zwei Millionen Euro in dessen Denkmalförderprogramm. So sei mit einer Million Euro das Bundesprogramm zur Erhaltung national bedeutender Denkmale kofinanziert worden, hieß es. Neben Bad Wilsnack wurden davon auch Sanierungsarbeiten an der Friedenskirche in Potsdam, an der Borsighalle in Eberswalde, der Rennbahn in Hoppegarten, der Klosterkirche in Zinna, der Hyparschale in Templin und am Südwestkirchhof in Stahnsdorf gefördert.

Als Denkmalhilfe stellte das Land eine Million Euro bereit, um im Bestand bedrohte Denkmale zu retten. Mittel, deren Verdopplung Ministerin Münch im kommenden Doppelhaushalt anstrebt, wie sie erklärte. 29 dringende Sanierungs- und Sicherungsfälle konnten aus diesem Topf gefördert werden, darunter am Deichhof in Garsedow, an den Kirchen in Bloischdorf und Rogäsen, am Mausoleum Moschel in Angermünde, aber auch archäologische Forschungsgrabungen in Gortz und Seddin.

Stiftungen, allen voran die Schlösserstiftung, erhielten 10,2 Millionen Euro für den Erhalt ihrer Bausub᠆stanz, Kirchen und Religionsgemeinschaften bekamen 2,88 Millionen.

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