Bobpiloten im Kampf der Systeme

Sechs Wochen vor Olympia bereiten vor allem die in Österreich gefertigten Zweier den deutschen Fahrern Probleme

  • Frank Kastner, Altenberg
  • Lesedauer: 3 Min.

Sechs Wochen vor den olympischen Zweierbobrennen haben die deutschen Bobpiloten immer noch mit Materialproblemen zu kämpfen. Der Grund: Die Entwicklung der Wallner-Zweierbobs in Österreich lief komplett in die falsche Richtung. So musste der viermalige Weltmeister Francesco Friedrich beim ersten Weltcup im Olympiajahr in Altenberg auf die Dienste des langjährigen Partners FES in Berlin zurückgreifen - und fuhr am Samstag prompt auf Rang zwei. »Die Analysen zeigen, dass wir speziell im unteren Bereich, also bei höherer Geschwindigkeit, noch zu viel Zeit verlieren«, sagte Cheftrainer René Spies über die Wallner-Bobs.

Im großen Schlitten sieht es anders aus: »Hier sind wir siegfähig. Die neue Form, die wir gemeinsam mit BMW entwickelt und gefertigt haben, zeigt hervorragende Tendenzen im Hochgeschwindigkeitsbereich. Immerhin ist es uns gelungen, den Luftwiderstand um sechs Prozent zu reduzieren«, erklärte Spies.

Der Berchtesgadener Johannes Lochner fuhr vor dem Rennen am Sonntag schon drei Siege in der Königsklasse ein. Er gilt auch als Zweierspezialist. Nach Platz sechs in Altenberg im Zweier war er ratlos. »Wenn ich zwischen den Systemen wechsle, mache ich mir den Vierer auch noch kaputt. Mir gehen die Ideen aus. Wir haben probiert, entwickelt, wieder Schritte zurückgemacht, der kleine Schlitten zieht einfach nicht«, sagte er. Eine Medaillenchance sieht er derzeit nicht. Und sich nur auf den Viererbob konzentrieren? Das sei nicht die Endlösung.

Da ist Friedrich in einer komfortableren Position, weil er früher regelmäßig FES-Bobs fuhr und somit beide Lenksysteme beherrscht. »Ich habe noch fahrerische Defizite, da ich erst wenige Fahrten mit dem Bob hatte«, sagte der Doppel-Weltmeister nach Platz zwei mit Martin Grothkopp hinter dem in Altenberg siegreichen Kanadier Justin Kripps.

Die staatlich geförderte Berliner FES-Schmiede musste nach dem Olympiadebakel 2014 viel Prügel einstecken - auch vom deutschen Verband. Doch die Tüftler haben ihre Hausaufgaben gemacht. »Wir ziehen unsere Tests mit Nico Walther und den Frauen bis zur letzten Entwicklungsstufe Ende Januar wie geplant durch«, sagte FES-Direktor Harald Schaale.

Walther hatte sich als einziger Pilot neben den Frauen komplett für FES entschieden und mit Siegen in beiden Disziplinen überzeugt. Bitter in Altenberg: Nach Platz drei im Zweier mit Christian Poser wurde er nachträglich disqualifiziert. Die Haube am Bob war fünf Millimeter zu dünn. »Ein Vermessungsfehler«, wie die FES-Ingenieure einräumten.

Vereinskollege Walther hätte sich den Schritt von Friedrich eher gewünscht: »Da hätte man besser testen und unheimliche Fortschritte daraus schöpfen können.« Bundestrainer Spies steht nun unter Zeitdruck: »Eine endgültige Entscheidung muss bis zur Verschiffung der Geräte am 24. Januar gefallen sein.« Grundsätzlich sieht Spies den Weg des Verbandes mit zwei Herstellern als weise Entscheidung. »Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Strategie für Olympia sehr gut aufgestellt sind.« dpa/nd

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