Die Ministerin und die Gefangenen

Margaret Beckett setzt in Iran auf Diplomatie

  • Ian King, London
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Die britische Außenministerin Margaret Beckett versucht es im Guten: Die 15 von iranischen Revolutionsgarden inhaftierten Seeleute könnten am besten auf diplomatischen Weg gerettet werden, Geduld sei nötig.

Zwei Tage, nachdem Beckett den Iranern »unverfrorene Propaganda« vorgeworfen hatte, will London keine Eskalation im Streit. Ein Marineoffizier soll der Boulevardzeitung »Sunday Mirror« zufolge nach Teheran geschickt werden - nicht um sich im Regierungsauftrag zu entschuldigen, aber immerhin um zu versprechen, in Zukunft solche Zwischenfälle zu vermeiden. Wenn es stimmt, wäre das eine positive Entwicklung. Die Geiselnahme, der vom iranischen Botschafter in Moskau angedrohte Gefangenenprozess sind in der Tat nicht akzeptabel. Vor dem Irakkrieg hat Premier Tony Blair wiederholt gelogen, aber hier kann man ihm glauben. Die Seeleute, die ein indisches Handelsschiff nach Waffen durchsuchten, befanden sich in irakischen, nicht in iranischen Hoheitsgewässern; das geht nicht nur aus dem Navigationssystem ihrer Fregatte »Cornwall«, sondern auch aus der ersten verworrenen Darstellung der Iraner selbst hervor. Erst als man diese auf den Irrtum hinwies, gaben sie einen Tatort weiter südlich innerhalb der eigenen Gewässer an. Kein EU-Partner zweifelt an der Unschuld der Briten; nicht nur die Gesetze der Geografie, auch die des Völkerrechts sind auf ihrer Seite. Dass drei Gefangene, darunter die 26-jährige Faye Turney, in iranischen Propagandavideos vorgeführt und offensichtlich von ihren Wärtern verfasste Statements verlesen mussten, ist ebenfalls mit dem Kriegsrecht nicht zu vereinbaren. Aber Recht haben und Recht behalten sind zwei paar Schuhe. Wenn aufgebrachte Journalisten wie Stephen Glover im stramm rechten »Daily Mail« nach einer britischen Bombenkampagne schreien, mögen US-amerikanische Neokonservative wie Newt Gingrich Angriffe auf iranische Erdölraffinerien verlangen, was die Inhaftierten wohl den Kopf kosten würde. 1980 versuchten die USA, die Geiseln in der USA-Botschaft in Teheran zu befreien. Die Rettungsoperation misslang kläglich, 16 Soldaten starben, Präsident James Carter verlor sein Amt. Britische Truppen haben schon in Irak und Afghanistan alle Hände voll zu tun, ein dritter Kriegsschauplatz und eine weitere Katastrophe wären ein noch schlimmeres Vermächtnis für Blair. Das alles erklärt sowohl des Premiers erste abwägende Reaktion als auch, warum Beckett inzwischen wieder auf einen niedrigeren Gang schaltet. Man hoffte wie 2004 auf eine schnelle, einvernehmliche Entlassung der Geiseln, wollte Teheran nicht unnötig reizen. Aber damals war der gemäßigte Präsident Khatami noch im Amt; heute gibt der rabiate Ahmadinedschad den Ton an. Die Geiseln wurden von den iranischen Revolutionsgarden verhaftet, von denen fünf Mitglieder in Nordirak von den US-Amerikanern festgehalten werden; ein Gardegeneral hat sich wohl in den Westen abgesetzt. Scharten, die ausgewetzt werden sollen. Da bietet der kleine Satan, wie Ahmedinedschad Britannien beschreibt, ein lohnendes Ziel - Busenfreund der USA, aber schwächer und weniger kriegswütig. An ein schnelles Einlenken Teherans war diesmal nicht zu denken. Also Wirtschaftssanktionen, um die Freigabe zu erzwingen? Da diese schon wegen des iranischen Atomprogramms bevorstehen, tut man gut darin, die beiden Fälle auseinanderzuhalten. Ein befristeter Stopp für Hermes-Bürgschaften und andere Garantien für Firmen, die nach Iran exportieren, wird vom Oxforder Deutschland-Experten Timothy Garton Ash und vom Liberalenführer Sir Menzies Campbell gefordert. Ob Deutschland und die übrigen EU-Partner trotz verbaler Unterstützung dabei mitmachen würden, ist zweifelhaft. Immerhin wären Verhandlungen direkt mit Beckett oder über einen Vermittler ein Schritt nach vorn; bisher hat kein Iraner erklärt, was die Regierung für die Freilassung der Soldaten verlangt. Fazit: Diesmal sind die Briten im Recht, wissen aber nicht weiter. Psychischer Druck ist schlimm; niemand sollte wie Faye Turney gezwungen werden, demütigende Briefe nach Hause zu schicken. Die Freilassung der Geiseln wäre gut, der Abz...

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