Mehr Gehör für ein kleines Volk
Land konstatiert Fortschritte für Sorben/Wenden - Parlament fordert mehr Unterstützung
Fast 200 Seiten umfasst der erste «Bericht der Landesregierung zur Lage des sorbischen/wendischen Volkes in Brandenburg», den das Kulturministerium erstellt hat. Ministerin Martina Münch (SPD) nannte ihn bei der Vorstellung im Landtag «ein historisches Dokument». Und der Präsident des Rates für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden, Torsten Mack, würdige kürzlich in der Debatte die «hervorragenden Ist-Zustands-Analyse als Beleg für die Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Landesregierung.
Bei aller Zustimmung benannte Mack auch Defizite. So forderte er ein »adäquates Fernseh- und Radioprogramm« für die sorbische/wendische Bevölkerungsgruppe. Eine im Bericht behauptete intensive Beteiligung ihrer Gremien an der einschlägigen Schulverordnung müsse er sogar »ausdrücklich bestreiten«. Vielmehr seien die Sorben von der Erarbeitung der Entwürfe »explizit ausgeschlossen« gewesen. Ohne rechtsverbindliche Sonderegelungen gerate auch das Niedersorbische Gymnasium in Cottbus in existenzielle Schwierigkeiten, merkte er an. »Darin liegt noch viel Konfliktpotenzial«.
Mit Blick auf den Braunkohleabbau im sorbischen Siedlungsgebiet sagte Mack, es seien in den Tagebauplänen keine Abwägungsprozesse erkennbar, in denen sorbische/wendische Belange einbezogen wären. »Hier erfolgt bewusster Verfassungsbruch bereits durch den Gesetzgeber.« Zwar gebe es Spendenzahlungen durch den betreffenden Konzern, die LEAG, die jedoch von dessen gutem Willen abhingen und »noch immer keine gesetzliche Basis« haben. Es gebe »keine Verpflichtung zur Kompensation von Schäden an der sprachlichen und kulturellen Substanz des sorbischen/ wendischen Volkes«. Zudem habe das Bergbauunternehmen schon angekündigt, sein soziales und finanzielles Engagement in der Lausitz zu verringern. Mack regte an, die vom Landtag zugestandenen Referentenstelle für den Rat von 20 auf 30 Stunden zu erhöhen. Er forderte ein höheres finanzielles Engagement des Landes bei der zweisprachigen Erziehung von der Kita bis zur Sekundarstufe II.
Von deutlich intensivierten Kontakten zwischen dem Land und den Sorben/Wenden sprach Kulturministerin Münch. Sie warb für die »Schaffung eines modernen Minderheitenrechtes«. Zugleich verwies darauf, dass 2017 erstmals und rückwirkend 100 000 Euro für Zusatzkosten erstattet wurden, die den Kommunen und Kreisen durch den Gebrauch der niedersorbischen Sprache entstehen. »Mit dieser Reglung ist Brandenburg Vorreiter in Deutschland und auch international«, betonte sie.
In einem einstimmig angenommenen Antrag, den SPD, LINKE, Grünen und CDU eingebracht hatten, wird das Kabinett aufgefordert, verbesserte finanzielle Rahmenbedingungen für die Umsetzung des Rechtes des sorbisch/ wendischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner nationalen Identität und seines Siedungsgebietes auszuarbeiten und es angemessen beim anstehenden Strukturwandel in der Lausitz zu unterstützen. Ferner müsse die Regierung darauf hinwirken, die Sendungen des rbb in niedersorbischer Sprache zu erweitern und in den deutschsprachigen TV- und Rundfunksendungen Geschichte, Literatur, Kunst und Kultur der Sorben/Wenden breiter darzustellen.
Im Beschluss werden die Kommunen im angestammten Siedlungsgebiet gebeten, bei der Schaffung der Lausitzer Seelandschaft auf zweisprachige touristische Beschriftung zu achten und die Erinnerung an die abgebaggerten Orte lebendig zu halten. Bei der Vermarktung sei der sorbisch-wendische Kulturtourismus zu berücksichtigen. Im Sinne einer guten Entwicklung der Schule für niedersorbische Sprache und Kultur sollten die Trägerstadt Cottbus und die Landkreise im gesamten Siedlungsgebiet zusammenarbeiten und Bildungsangebote gemeinsam pflegen.
Brandenburg hat das Sorben/Wenden-Gesetz 2014 novelliert und fördert die Stiftung für das sorbische Volk pro Jahr mit 3,1 Millionen Euro.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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