Milchbauern bleiben ohne Weideprämie

Niedersachsen: Ministerin kassiert frühere Ansagen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Unter strahlend blauem Himmel eine hügelige Landschaft voller grüner Wiesen, auf ihnen schwarzbunte Kühe, die das saftige Gras genießen: Solch hübsche Bilder auf Milchtüten »dürfen nicht zum Etikettenschwindel und grasende Kühe nicht zum Auslaufmodell werden«, hatte Niedersachsens früherer Agrarminister Christian Meyer (Grüne) 2014 gemahnt, als er sein Weidemilchprogramm präsentierte. »Raus aus dem Stall, mehr auf die Wiese« müsse das Motto sein.

Milchbauern, die ihm folgen, versprach Meyer finanzielle Unterstützung. Landwirte in benachteiligten Gebieten sollten nach wie vor eine »Grünlandprämie« bekommen. Als Ausgleich dafür, dass sie die Flächen nicht zum Getreide- oder Maisacker umwandeln, mit dem sie mehr Geld verdienen könnten. Später dann, 2017, verhieß der Minister den Milchviehhaltern eine Weideprämie.

Doch die rot-grünen Zeiten in Niedersachsen sind vorüber. Eine SPD/CDU Koalition regiert, Agrarministerin ist die CDU-Politikerin und Landwirtin Barbara Otte-Kinast. Bei vielen Milchproduzenten unter ihren Berufskollegen hat sie sich inzwischen denkbar unbeliebt gemacht. Zuerst strich sie die Grünlandprämie und verteidigte dies mit dem Hinweis: Laut EU-Richtlinien sei mit der Förderung »eine Verpflichtung zur Weidehaltung nicht verbunden«. Somit profitierten von diesem Geld laut Otte-Kinast auch Bauern, die ihre Tiere nicht auf die Weide ließen.

Diejenigen aber, die ihren Kühen den Gang aufs Gras gestatten, hatten nun gehofft, 2018 erstmals die von Minister Meyer seinerzeit versprochene Weideprämie zu bekommen. Pro Kuh 60 Euro, pro Schaf und Ziege je 20 Euro sollte es jährlich geben. Doch Otte-Kinast denkt gar nicht daran, das Versprechen ihres grünen Amtsvorgängers einzulösen. Und allen, die ihr jetzt ein Streichen jener Fördermittel vorwerfen, hält sie entgegen: »Die sogenannte Weideprämie wurde nicht gestrichen, da sie von der Vorgängerregierung weder beantragt, noch in den Haushalt eingestellt worden war.«

Doch Landesregierung hätte die Prämie selbst in den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr einstellen können. Das wird aber nicht geschehen. Denn die EU-Mittel, die zur Finanzierung nötig wären, sind laut Otte-Kinast bereits für die Förderung des Ökolandbaus und für Umweltmaßnahmen im Agrarbereich verplant.

»Den Grünlandbauern wurde viel versprochen, aber leider nichts gehalten«, kommentierte Niedersachsens Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke, selbst Milchbauer, das Agieren der Ministerin gegenüber der »Nordwest-Zeitung«. Dabei habe die Ausgleichszulage den Milchvieh- und Rinderhaltern »in der Vergangenheit sehr viel geholfen«. Die vom Wegfall der Weideprämie Betroffenen, so der Präsident, »erwarten, dass diese Fehlentscheidung umgehend korrigiert wird«.

Dass die Landesregierung diese Erwartung erfüllt, darf sehr bezweifelt werden. Zumal Otte-Kinast, anders als Christian Meyer, im »Mehr auf die Wiese« offenbar nicht das Ideal für Kuh und Milchkunden sieht. Konstatiert sie doch in jener Mitteilung, in der sie die Streichung der Grünlandprämie und das Nein zur Weideprämie rechtfertigt: »In der Milchviehhaltung gibt es Stallhaltungsformen, die auch ohne Weidehaltung als sehr tiergerecht einzustufen sind.«

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