Krankenschwestern an Schulen

Die Gesundheits- und die Bildungsministerin werten Modellversuch aus

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Sind Brandenburgs Schulkinder inzwischen so krank beziehungsweise gesundheitlich so gefährdet, dass künftig in jeder Schule eine Krankenschwester hauptamtlich Dienst tun muss? Zumindest nicht mehr ausgeschlossen ist diese Vision, nachdem am Donnerstag die ersten Ergebnisse des Modellversuchs »Schulgesundheitsfachkräfte an öffentlichen Schulen« von den beiden zuständigen brandenburgischen Ministerinnen vorgestellt worden waren.

Im Rahmen des Modellversuchs geben jeweils zehn medizinische Fachkräfte an Schulen in Brandenburg und Hessen zwei Jahre lang Beistand in medizinischen Fragen. Der Projektträger, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), ist dabei, sich hier ein neues Geschäftsfeld zu erschließen.

Schon auf ihrer Seite hat die AWO Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE). Die Schulgesundheitsfachkräfte haben eine wohltuende Wirkung auf die gesunde Lebensweise und die Ernährungsgewohnheiten der Schüler, lobt Golze. Die Schulkrankenschwestern haben geholfen, wenn Kinder über Schmerzen klagten oder Krankheitssymptome zeigten. »Ob die Kinder heute kranker sind als früher, weiß ich nicht«, antwortete die Ministerin am Donnerstag auf eine Frage.

Auch andere Fragen blieben offen. So mussten die Eltern vorsorglich eine umfangreiche Einverständniserklärung unterschreiben, die gestattet, dass ihr Kind im Bedarfsfalle von der Gesundheitsfachkraft in der Schule betreut werden darf. Was jedoch geschieht mit Kindern, die auf dem Schulhof oder in der Sporthalle einen Unfall haben, wenn deren Eltern die Einverständniserklärung nicht unterzeichnet haben. Es gibt noch ein großes Problem. Könnte es sich Brandenburg angesichts des Fachkräftenotstands in den Krankenhäusern und Pflegeheimen überhaupt leisten, Hunderte ausgebildete Gesundheitsfachkräfte als Schulkrankenschwestern zu erübrigen? Familienfreundlich ist die neue Beschäftigung. Es gibt keine Spätdienste, keine Nachtschichten, keine Wochenendarbeit - anders als in den Kliniken und Pflegeheimen, die im Wettbewerb um die dringend benötigten Fachkräfte dann vielleicht das Nachsehen hätten. Ministerin Golze kann dazu nur sagen, dass Wege gesucht werden müssten, mehr Absolventen für Berufe im Gesundheitswesen zu begeistern.

Es sei noch offen, ob dauerhaft Stellen für Schulkrankenschwestern an jeder Schulen geschaffen werden, fügte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) hinzu. Insofern sei sie auch jetzt nicht bereit, sich zu etwaigen Kosten zu äußern.

Nach Angaben der AWO hat der zweijährige Modellversuch mit 20 Schulen 1,1 Millionen Euro gekostet. Brandenburg hat 450 allgemeinbildende Schulen. Der Unterschied zu früheren Zeiten sei auf jeden Fall, dass heute der Zusammenhang zwischen Gesundheit und gutem Lernen stärker im Blickfeld sei, merkte Ernst an. Der Modellversuch habe ergeben, dass die Gesundheitsfachkraft in 30 Prozent der Fälle Krankheiten bei Kindern diagnostiziert habe, in zehn Prozent der Fälle sei bei Unfällen Hilfe geleistet worden. Auch haben sich die Schulkrankenschwestern um chronisch kranke Kinder gekümmert. Inzwischen spiele mangelnde Bewegung von Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle.

Bislang waren Lehrer, vor allem Sportlehrer, sowie Erzieher, Sekretärinnen und Hausmeister ausgebildet, Erste Hilfe zu leisten. Sie werden durch die Gesundheitsfachkraft entlastet.

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