Den Schülern stinkt es gewaltig

Manche Schultoiletten sind in einem unzumutbaren Zustand, zuweilen liegt es an Vandalismus

  • Anja Sokolow
  • Lesedauer: 4 Min.

Denkt sie an die Schultoiletten ihrer Tochter, überfällt eine Mutter aus Nauen (Havelland) Ekel: »Man riecht sie schon von weitem. Meine Tochter vermeidet es, innerhalb der Schulzeit auf Toilette zu gehen.« Die Erziehung vieler Kinder scheine unzureichend zu sein. »Manche werfen zum Beispiel Papierrollen ins Klo«, erklärt die Mutter. Oftmals seien die WCs verstopft, und es komme vor, dass der Keller, in dem sich die Toiletten befinden, unter Wasser stehe. »Eine Lösung gab es seitens der Schule bisher noch nicht. Auch wenn das Problem bekannt ist«, bedauert die Mutter.

Ein Einzelfall oder stinknormaler Alltag? Auch an der Gesamtschule in Dabendorf (Teltow-Fläming) seien die Toiletten immer wieder ein Thema, sagt Landeselternsprecherin Ulrike Schwenter. Dort werde nur das Nötigste gemacht, da ein Neubau geplant sei. »Ich bin mir sicher, es gibt noch einige andere Toiletten, die im Argen liegen«, sagt Schwenter. Sie sagt aber auch, Schüler und Eltern hätten sich mit den Zuständen abgefunden. »Oft gibt es dringendere Sachlagen wie zum Beispiel Stundenausfall und Lehrermangel.«

Das Bildungsministerium kann zur Situation der stillen Örtchen keine Aussagen machen. Für die WCs seien die Schulträger zuständig, sagt Ministeriumssprecherin Antje Grabley. Bei den staatlichen Schulen sind Städte, Gemeinden und Landkreise für die Unterhaltung der Gebäude zuständig, bei Privatschulen gibt es als Träger die Kirchen, Vereine oder auch Firmen.

Unzumutbare Zustände gebe es nur an einzelnen Schulen in Brandenburg, sagt Landesschülersprecher Maurice Heilmann aus Erkner (Oder-Spree). »Es gibt einen Rahmenhygieneplan, und der wird an den meisten Schulen eingehalten«, sagt der Gymnasiast. Über die Toiletten in seinem Gymnasium kann er nicht klagen. Er wünscht sich allerdings für die Schulen im Land insgesamt, dass auch Desinfektionsmittel für die Hände bereitgestellt werden. Außerdem mangele es oft an warmem Wasser zum Händewaschen. »Nur kaltes Wasser ist vielen unangenehm. Dann lassen sie das Händewaschen ganz und die Hygiene kommt schon mal zu kurz«, berichtet der 16-Jährige.

Zum Teil werden schlimme Zustände von Schülern verursacht. Vandalismus sei mitunter ein Problem, vor allem an Schulen mit schwieriger Klientel. »Dann wird auch zu ganz unkonventionellen Mitteln gegriffen«, berichtet Heilmann. So sei es an einzelnen Schulen üblich, dass die Toiletten von den Lehrern abgeschlossen und nur bei Bedarf geöffnet oder auch beaufsichtigt werden.

»Manche Toiletten sind aber so alt und versifft, da hilft auch das tägliche Putzen nicht. Den Gestank nach Urin und Fäkalien kriegt man da einfach nicht mehr raus«, betont Bildungsexperte Wolfgang Seelbach aus Dallgow-Döberitz (Havelland). Oft helfe nur noch eine Sanierung. Ihm seien Fälle von Grundschülern bekannt, die sich in die Hosen machten, weil sie sich den Gang zum Klo verkniffen haben.

An einer Gesamtschule im hessischen Marburg zahlen Schüler für saubere Klos Geld. Dort ist eine Toilettenfrau im Einsatz, die zehn Cent pro Gang für eine besonders häufig gereinigte Toilette verlangt. Kostenlose Toiletten gibt es auch. Sie werden aber nur einmal täglich gereinigt. Ist Geld für Schultoiletten auch in Brandenburg eine Option? »Ein klares Nein dazu« kommt von Schülersprecher Heilmann. Aus seiner Sicht sollte es selbstverständlich sein, dass die Schulträger für saubere Klos sorgen. Elternsprecherin Schwenter hält den Lerneffekt für »fraglich«, wenn es heißt: »Mit Geld kannst Du Dir saubere Toiletten kaufen - ohne musst Du da hin, wo es stinkt.«

In Potsdam greifen die Waldorfschüler selber zu Klobürste und Putzlappen. »Nachdem die Putzfee unserer Schule in Rente ging, wurde eine Schülerputzfirma gegründet. Etwa 15 bis 20 Schüler arbeiten dort«, berichtet Lehrerin Anne Mcdonough. Die Jobs bei den »Putzdamern« seien begehrt, und selbst das Kloputzen mache den Schülern nichts aus. Schließlich werden dafür zehn Euro pro Stunde gezahlt - zwei Euro mehr als für die anderen Putzjobs. »Die Toiletten sind völlig in Ordnung und wenn mal Beschwerden kommen, sind die Probleme schnell behoben«, berichtet McDonough.

Wolfgang Seelbach hält die Eigeninitiative von Schülern für sehr sinnvoll. »Wenn sie sich selbst organisieren und auch an der Reinigung ihrer Schulen beteiligt werden, ist das pädagogisch wertvoll. Ein bisschen sollte die Schule ja auch aufs Leben vorbereiten.« dpa

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