Heftige Kämpfe um Afrin und Ost-Ghuta

Syrische Armee übernimmt Kontrolle in Teilen der Enklave nahe Damaskus / Hoffnung auf Hilfskonvois

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 2 Min.

Die dschihadistischen Milizen in der Ost-Ghuta nahe der syrischen Hauptstadt lehnen eine Übereinkunft mit den Regierungstruppen nach wie vor ab. Die Armeeführung rechtfertigt damit, dass sie weiterhin Bombenangriffe fliegt. Ungeachtet dessen gab es auch am Wochenende tagsüber eine fünfstündige Feuerpause seitens der syrischen Verbände und der sie unterstützenden russischen Luftwaffe.

Im Unterschied zu den Vortagen ist es in diesen Pausen offenbar erstmals einer nennenswerten Anzahl von Zivilisten gelungen, über von der Armee eingerichtete Korridore die Kampfzone zu verlassen. AFP zitiert die Londoner Beobachtungsstelle für Menschenrechte, nach deren Angaben seit Samstag fast 2000 Zivilisten aus dem östlichen Teil der Enklave vor den Kämpfen auf die Seite der Regierungstruppen geflohen sein sollen. Ein AFP-Korrespondent sah am Sonntag »hunderte Zivilisten, die aus dem Ort Beit Sawa flüchteten«. Der UNO-Hilfskoordinator für Syrien, Jan Egeland, zeigte sich hoffnungsvoll, »in einigen Tagen« erstmals Hilfsgüter nach Ost-Ghuta bringen zu können.

Ein Vertreter der syrischen Armeeführung äußerte sich zufrieden darüber und über den Vormarsch der Regierungsverbände. Aus zehn Prozent des bisher beherrschten Gebiets habe man »Terroristengruppen« vertreiben können. Auch seien zwei Luftwaffenstützpunkte, die jahrelang von der Islamistengruppe Dschaisch al-Islam (Heer des Islam) kontrolliert wurden, zurückerobert. Die Miliz warf den Regierungstruppen eine »Politik der verbrannten Erde« vor. 640 Zivilisten seien bisher umgekommen.

Im an die Türkei grenzenden Kurdengebiet Afrin in Nordsyrien hat Ankara derweil seinen Krieg intensiviert. Aus der Türkei angreifende Kampfflugzeuge hätten am Wochenende so massiv wie noch nie syrische Verbände bombardiert, die auf Bitten der kurdischen Autoritäten in Afrin zu Hilfe gekommen waren. Dabei seien 36 Syrer getötet worden. Von russischen Medien wird das im Kern bestätigt.

Die »Luzerner Zeitung« berichtete, dass Ende vergangener Woche erstmals seit Beginn des türkischen Einfalls in Syrien vor fast sechs Wochen ein Hilfskonvoi in die Region gelangt sei. In der belagerten Region Ost-Ghuta hingegen warten die Menschen trotz der Feuerpausen weiter auf Hilfslieferungen. Die Lastwagen für Afrin enthielten 430 Tonnen Nahrung, Medikamente und andere Artikel des täglichen Bedarfs für die dort lebenden 50 000 Menschen. Nach Angaben von kurdischer Seite sind durch türkischen Beschuss bisher 140 Zivilpersonen ums Leben gekommen. Die türkische Regierung bestreitet das. Es habe unter der Zivilbevölkerung von Afrin nicht ein einziges Opfer gegeben. Alle Getöteten seien Terroristen gewesen.

Gegen die türkische Aggression sind am Samstag in Berlin Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Seiten 4 und 5

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