»Es gibt keinen Spieler, der mehr trainierte«

Einhändiger US-Football-Star Shaquem Griffin überzeugt beim Casting für die NFL

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.
Er könnte der neue Superstar am Football-Himmel sein: Shaquem Griffin. Nach diesem Wochenende sollten alle seine Kritiker verstummen, jubeln derzeit amerikanische Medien über den jungen Mann aus Florida. Bei dem am 5. März zu Ende gegangenen Scouting Combine der US-amerikanischen National Football League (NFL) überzeugte Griffin beim 40-Yard-Sprint (36,6 Meter) mit einer Zeit von 4,38 Sekunden und stemmte 20 Mal die 225 Pfund (102 Kilo) schwere Hantel beim Bankdrücken. Zweifler prophezeiten dem Linebacker der University of Central Florida (UCF) in Orlando im Vorfeld noch nicht mal fünf Wiederholungen auf der Bank.

Das Beeindruckende an dem 22-Jährigen ist hingegen nicht allein seine sportliche Leistung, sondern viel mehr die Tatsache, dass der Sportler aus St. Peterburg in Florida nur eine Hand besitzt. Seit der Geburt leidet Griffin am Amniotischen-Band-Syndrom, einer Fehlbildung, bei der schon im Mutterleib Arme, Beine, Zehen oder Finger des ungeborenen Kindes abgeschnürt werden. Die Schmerzen, die er seit seiner Geburt ertragen musste, wurden sogar so stark, dass er sich im Alter von vier Jahren mit einem Küchenmesser die linke Hand amputieren wollte. Seine Eltern bewahrten ihn vor dem Schlimmsten und vereinbarten tags drauf einen Operationstermin zur Amputation seiner Hand.

Diese Herausforderung hat ihn nicht davon abgehalten, Footballspieler zu werden. Vater Terry habe ihn und seinen 60 Sekunden älteren Zwillingsbruder stets gleichbehandelt, sagte Shaquem Griffin gegenüber »Sports Illustrated«. Ausreden habe der Vater damals nicht gelten lassen, dabei habe der Junior auch den einen oder anderen Ball ins Gesicht bekommen, ehe er lernte mit der Herausforderung umzugehen.

Schon damals schworen sich die Zwillingsbrüder, stets Seite an Seite zu stehen. Die University of Central Florida gab den beiden daraufhin ein Stipendium, ließ in der Folge jedoch nur den älteren Bruder Shaquill regelmäßig auflaufen, während Shaquem selten die Chance bekam, seine Leistungen unter Beweis zu stellen. Erst ein Trainerwechsel im Jahr 2015 änderte die Situation. Head Coach Scott Frost gab Griffin einen Platz in der Defensive. »Es gibt keinen Spieler, den ich trainiert habe, der mehr trainierte als er«, sagte Frost damals über Shaquem.

Den Durchbruch schaffte Griffin 2016, als er von der US-amerikanischen Uni-Liga ACC zum »Defensivspieler des Jahres« gewählt wurde. Im selben Jahr brach er sich außerdem noch die rechte Hand, was ihn aber nicht daran hinderte trotzdem aufzulaufen und praktisch ohne Hand zu spielen.

Auch im darauffolgenden Jahr überzeugte er durch überragende Statistiken und schaffte zuletzt mit den Central Florida Knights den Sprung in den Peach Bowl in Atlanta, einem der wichtigsten Playoffspiele der Collegeliga NCAA. Doch erst seine Ernennung beim Ende Januar stattfindenden Senior Bowl als »Trainingsbester der Woche« brachte ihm die Einladung zum Scouting Combine. Bei diesem jährlich im Februar in Indianapolis im US-Bundesstaat Indiana stattfindenden Casting für die NFL treten Footballer in einer Reihe athletischer, wie auch psychischer Tests gegeneinander an. Das Combine gilt als Vorbereitung auf die Rekrutierung junger Athleten Ende April durch die Sportligen, genannt NFL Draft. Um Chancengleichheit in der Liga herzustellen, darf das schlechteste Team der abgelaufenen Saison den ersten und damit meist auch besten Spieler des Draftjahrganges auswählen.

Beim Draft will Shaquem Griffin unbedingt von einem der 32 NFL-Teams ausgewählt werden. Um seinen Traum, in der besten Liga zu spielen, wahr werden zu lassen, würde Griffin jede Position besetzen, betonte er am Rande des Combines. Sein Bruder Shaquill hat dies bereits geschafft und spielt bei den Seattle Seahawks. An alle Zweifler, die ihm vor dem Scouting Combine keine allzu rosigen Aussichten prophezeiten, hat Griffin eine eindeutige Botschaft: »Wo auch immer Teams meine Hilfe brauchen, ich bin ihr Mann.«

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