Nationaler Integrationsplan nimmt Gestalt an

Arbeitsgruppen legen Berichte vor / Kritik von Beteiligten an unzureichender Berücksichtigung von Vorschlägen

Integration ist eines der Kernthemen der Bundesregierung, wenn man ihr glauben darf. Ein Nationaler Integrationsplan soll daher entstehen. Die hierfür eingesetzten Arbeitsgruppen haben ihre Beratungen beendet.

Am Montag stellte die Bundesregierung den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe vor, die sich unter Federführung des Bundesinnenministeriums mit der Verbesserung der Integrationskurse beschäftigt hat - einer von zehn Themenbereichen, denen sich sechs Arbeitsgruppen widmeten. Handlungsempfehlungen aus der ersten Gruppe für den Nationalen Integrationsplan trug der Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier vor: verpflichtende Einstufungs- und Abschlusstests, bedarfsspezifische und flexible Stundenkontingente, die Ausweitung von Orientierungskursen und ein transparenter Qualitätswettbewerb zwischen den Kursträgern. Das klingt nach einer reinen Effektivitätsstudie, und tatsächlich war Grundlage die Untersuchung einer Managementfirma. Hier tut sich jedoch für einen Teil der Teilnehmer ein Problem auf. Während die Bundesbeauftragte für Integration, Maria Böhmer (CDU) den von allen Seiten als offen charakterisierten Dialog »trotz manchmal unterschiedlicher Ansätze« als »Wert an sich« erkennt, drangen aus den Sitzungen mancher Arbeitsgruppe deutliche Unmutsbekundungen. Und auch die von Böhmer angekündigten »Selbstverpflichtungen« werden eher als Aufforderung an Migranten verstanden denn als Leistung der Bundesregierung. Der Integrationsplan, der auf dem zweiten Integrationsgipfel am 12. Juli vorgestellt werden soll, folgt offenbar den Vorstellungen nur einer beteiligten Seite - der Bundesregierung. Bereits den ersten Integrationsgipfel im Juli letzten Jahres hatten viele kritische Stimmen begleitet, und auch danach sind sie nicht verstummt. Gleichwohl war das Bemühen um einen Dialog mit denen, um deren Integration es letztlich ging, vernehmbar begrüßt worden. Mit dem Abschluss der Arbeiten der Arbeitsgruppen jedoch ist Kritik wieder hörbarer. Kritik entzündet sich von kenntnisreicher Seite, von den Vertretern der Migranten selbst nämlich, die in durchaus ansehnlicher Zahl an den Diskussionen beteiligt waren. Man müsse den Eindruck gewinnen, dass den Beteiligten aus der Zivilgesellschaft zwar zugehört wurde, ihre Vorstellungen zum Integrationsplan jedoch nicht umgesetzt wurden, sagt zum Beispiel Sidar Demirdögen, die Vorsitzende des Bundesverbands der Migrantinnen. Sie war an den Beratungen der Arbeitsgruppe vier beteiligt - »Lebenssituation von Frauen und Mädchen verbessern. Gleichberechtigung verwirklichen«. Dass es nach übereinstimmender Meinung des Großteils der Migrantenvertreter in erster Linie auf die eine Veränderung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen ankomme, spiele in den Abschlussformulierungen gar keine Rolle mehr, moniert sie. »Doch Integration kann nur gelingen, wenn die rechtliche Position von Frauen gestärkt wird.« Der grundlegende Dissens zwischen den Repräsentanten der auf Abwehr bedachten Ausländer- und Asylpolitik in Deutschland und den Vertretern der Betroffenen wird auch durch den Dialog über den Nationalen Integrationsplan nicht beseitigt, wie sich zeigt. In einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin hatten unlängst 21 Vertreter von Organisationen, die an der Arbeit des Integrationsgipfels oder einer der Arbeitsgruppen beteiligt sind, ihre Kritik am Entwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Richtlinien in deutsches Recht deutlich gemacht. Der Dialog werde »von den Planungen zur Verschärfung des Zuwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrechts konterkariert«, heißt es darin. Die Politik lässt sich von solcher Kritik nicht beirren. Außer freundlicher Zuwendung lässt die Bundesregierung keine Bereitschaft zu Konsequenzen erkennen. Das ist manchem zu wenig, auch wenn der Handlungsbedarf allgemein anerkannt ist, was die technische Seite der Kurse angeht. Nur 45 Prozent der Teilnehmer absolvieren sie erfolgreich. Und dass hier mehr Haushaltsmittel nötig sind, wie der Bericht der Arbeitsgruppe feststellt, wird auch keinen Widerspruch der Beteiligten finden. Der Sprachteil der Kurse soll von 600 Stunden bei Bedarf auf 900 Stunden erhöht werden. Eine Verkleinerung der Kursgrößen ist vorgeschlagen wie 300 zusätzliche Stunden für Eltern- und Frauenkurse oder Alphabetisierungskurse. Ob das Geld hierfür zur Verfügung stehen wird, muss...

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