CDU erteilt Oettinger Absolution

Baden-Württembergs Ministerpräsident hält Äußerungen über Filbinger »nicht aufrecht«

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat seine Äußerung zurückgenommen, der frühere NS-Marinerichter Hans Filbinger sei ein Gegner des Nazi-Regimes gewesen. »Ich halte meine Formulierung nicht aufrecht«, sagte der Stuttgarter Regierungschef am Montag in Berlin und entschuldigte sich für seine Äußerungen. Dies wurde von der CDU-Spitze akzeptiert.

Berlin (Agenturen/ND). CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte am Montag nach einer Sitzung des Präsidiums der Partei in Berlin: »Das Präsidium hat die Erklärung von Günther Oettinger mit Respekt zur Kenntnis genommen.« Oettinger habe im Präsidium »klar und eindeutig« Stellung bezogen und sich entschuldigt. Auch habe er sich von seiner Formulierung distanziert, dass der frühere Ministerpräsident Hans Filbinger ein NS-Gegner gewesen sei. Er habe gesehen, dass er Gefühle von NS-Opfern verletzt haben könnte. Zudem habe er dem Zentralrat der Juden angeboten, dass er für ein Gespräch zur Verfügung stehe. Dieser hatte den Rücktritt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten gefordert. CDU-Chefin Angela Merkel gab Oettinger erstmals in der Affäre Rückendeckung und forderte, den Schritt Oettingers zu akzeptieren und die Diskussion jetzt zu beenden. Oettinger hatte bereits vor der Sitzung des CDU-Spitzengremiums eingelenkt. Er hatte dabei sein Bedauern über die Wirkung der Trauerrede für Filbinger ausgedrückt, den Inhalt seiner Rede aber zumindest noch teilweise gerechtfertigt. Angesprochen auf den Satz, es gebe »kein Urteil von Hans Filbinger, durch das ein Mensch sein Leben verloren hätte«, sagte Oettinger: »Er war Vertreter der Anklage und nicht der entscheidende Richter.« Er fügte hinzu: »Ich glaube, dass er nicht Gegner im Sinne des Widerstands war.« Der Ministerpräsident hatte Filbinger in seiner Trauerrede am vergangenen Mittwoch bescheinigt, »kein Nationalsozialist« gewesen zu sein, sondern »ein Gegner des NS-Regimes«. Dies hatte zu massiven Protesten geführt, weil der am 1. April gestorbene Ex-Ministerpräsident am Ende des Zweiten Weltkrieges nachweislich als Marinejurist an Todesurteilen mitgewirkt hatte. Die Grünen sehen den baden-württembergischen Ministerpräsidenten auch nach dessen neuer Entschuldigung deutlich geschwächt. »Herr Oettinger kommt jetzt vielleicht um einen Rücktritt herum, aber er hat in kürzester Zeit so viel politisches Ansehen und politische Glaubwürdigkeit verspielt wie selten zuvor jemand«, sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. Die FDP begrüßte dagegen Oettingers Rückzieher. Er scheine »die geschichtliche Wahrheit anzuerkennen«, hieß es in der FDP-Führung. Die Linkspartei kritisierte, Oettinger relativiere seine Äußerungen lediglich, nehme sie aber keineswegs zurück. »Wer die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert, ist als Ministerpräsident eines Landes nicht...

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