Weniger Diebstähle, mehr Gewalt

Innenminister und Polizeipräsident präsentierten die Kriminalitätsstatistik 2017

Viele gute und eine schlechte Nachricht hatte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), als er am Donnerstag die Kriminalitätsstatistik 2017 vorlegte. Fast genau 175 000 Straftaten registrierte die brandenburgische Polizei im vergangenen Jahr, was ein Minus von 5,9 Prozent bedeutet. Erstmals waren es weniger als 180 000 Straftaten. Die Aufklärungsquote stieg von 53 Prozent auf 55,3 Prozent.

Noch haben nicht alle Bundesländer ihre aktuellen Kriminalstatistiken veröffentlicht. Doch Schröter hofft, Brandenburg werde sich im Länderranking verbessern. Im traditionell vergleichsweise wenig kriminalitätsbelasteten Brandenburg hat es im vergangenen Jahr 7015 Straftaten je 100 000 Einwohner gegeben. Gemessen an den Zahlen von 2016 würde sich Brandenburg damit ganz passabel im unteren Drittel einsortieren. Schröter spricht von einer »erfreulichen Entwicklung«.

Die Zahl der Wohnungseinbrüche, von denen 60 Prozent im Berliner Umland verübt werden, sank von 4200 auf 3200. Der Innenminister erklärt sich das auch damit, dass Eigentümer ihre Häuser jetzt besser sichern. Während vor einigen Jahren bundesweit Einbrecher in 40 Prozent der Fälle aufgegeben haben, wenn sie Fenster oder Türen für den Einstieg nicht schnell aufbekommen, geschah dies in Brandenburg nur in 30 Prozent der Fälle. Mit einer Rate von 39 Prozent hat Brandenburg nun etwas aufgeholt.

Es wurden im vergangenen Jahr 348 Kraftfahrzeuge weniger gestohlen, es waren noch 2513, und bei den Fahrraddiebstählen war ein Minus von 18 Prozent zu verzeichnen. Erfolg hatte beispielsweise die Ermittlergruppe »Herkules«, die in Potsdam 300 Fahrraddiebstähle aufklären konnte. Weiter entspannt hat sich die Lage an der polnischen Grenze. Dort sind früher viele Autos, Fahrräder und Landmaschinen gestohlen worden. Außerdem gab es dort viele Einbrüche in Lauben und Büros. Aber die Situation hat sich schrittweise gebessert. Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke lobt in diese Zusammenhang die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der polnischen Polizei.

Nun die schlechte Nachricht: Es wurden 5100 Gewaltdelikte festgestellt. Das sind 400 mehr als im Jahr 2016 und sogar 1000 mehr als im Jahr 2015. Minister Schröter weiß genau, dass es die Gewaltdelikte sind, »die das Sicherheitsgefühl der Menschen in ganz besonderer Weise beeinträchtigen«. Hier sei der Staat gefordert, dagegen zu halten. Das tue die Polizei auch, wie die Aufklärungsquote bei Gewaltverbrechen zeige. Die Quote konnte um 4,5 Prozentpunkte auf 84 Prozent gesteigert werden.

Gegen den Trend hat die Kriminalitätsbelastung in den Städten und Gemeinden an der polnischen Grenze einzig und allein in Eisenhüttenstadt zugenommen. Nach Darstellung von Polizeipräsident Mörke hat dies mit der dortigen zentralen Erstaufnahme des Landes für Flüchtlinge zu tun. Man habe bereits reagiert. Es seien in Eisenhüttenstadt mindestens zwei Streifenwagen rund um die Uhr unterwegs. Bei Bedarf würde die Polizei noch extra Bereitschaftspolizisten nach Eisenhüttenstadt schicken. Doch danach sieht es nicht aus. Denn die bisherigen Maßnahmen haben schon Wirkung gezeigt, heißt es.

Mörke präsentierte Zahlen zur Kriminalität von Zuwanderern, worunter die Polizei Asylbewerber, Geduldete und Bürgerkriegsflüchtlinge fasst. Mörke betonte dabei: »Die Masse der Flüchtlinge ist nicht kriminell!« 6928 Straftaten sind 2017 von Zuwanderern verübt worden. 4,1 Prozent aller Tatverdächtigen waren Zuwanderer. Dabei herausgerechnet sind die 4524 Verstöße gegen ausländerrechtliche Bestimmungen, etwa illegale Einreise und illegaler Aufenthalt. Täter, die als Zuwanderer definiert sind, verübten 1701 Körperverletzungen (darunter auch leichte, die nicht zur Gewaltkriminalität gerechnet werden), 1105 Ladendiebstähle, 356 Bedrohungen und 154 Sexualdelikte. Außerdem wurden Flüchtlinge 492-mal beim Schwarzfahren erwischt. Bei allen diesen Delikten, die selbstverständlich auch von Deutschen verübt werden, liegt der Anteil der Flüchtlinge an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen bei 10,7 bis 13,2 Prozent.

Neu ist, dass nicht wie in den Jahren 2015 und 2016 die Opfer krimineller Flüchtlinge in der Regel selbst Flüchtlinge waren. So werden jetzt nur noch 35,8 Prozent der Körperverletzungen untereinander begangen und bloß noch 6,5 Prozent der Sexualdelikte. Das könnte auch damit zu tun haben, dass die Sicherheitsvorkehrungen in Asylheimen darauf ausgerichtet worden sind, Frauen zu schützen. Polizeipräsident Mörke bestätigte, dass es vorkommt, dass Flüchtlinge zuschlagen, nachdem sie von Neonazis beleidigt worden sind.

»Wir wussten, dass nicht nur Engel zu uns kommen«, sagte Innenminister Schröter. »Einige wollen ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen, andere können es nicht.« Die Politik müsste den Flüchtlingen eine Beschäftigung verschaffen, »denn wer acht Stunden arbeitet, randaliert abends nicht mehr rum«. Wer keine Bleibeperspektive habe, müsste schneller abgeschoben werden, findet Schröter.

Der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE) stellt fest, »dass der weit überwiegende Anteil der Geflüchteten ein Leben ohne Straftaten und Gewalt führt«. Der gestiegene Anteil der Zuwanderer an den Kriminalität sei »ernst zu nehmen« und hier gebe es »keine einfachen Lösungen«. Kriminalität müsse bekämpft und geahndet werden. Aber zugleich müssen die Integrationsanstrengungen verstärkt werden, meint Scharfenberg. Sorgen macht er sich wegen der Gewaltkriminalität. »Aber im bundesweiten Vergleich liegt Brandenburg damit weiterhin im letzten Drittel, gehört also zu den sicheren Bundesländern«, bemerkt er.

Der CDU-Abgeordnete Björn Lakenmacher sagte, Brandenburg profitiere beim Nachlassen der Kriminalität von einem bundesweiten Trend, »wenn auch leider nicht so stark wie andere Bundesländer«.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal