Schaden »fiktiv« abgerechnet

Kfz-Versicherung

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Der knapp sechs Jahre alte Mercedes Benz C 220 von Autofahrer A. wurde beschädigt. Er ließ ihn allerdings nicht reparieren, sondern verlangte von der Kfz-Versicherung des Unfallverursachers den Betrag, den die Reparatur laut Sachverständigengutachten gekostet hätte (eine fiktive Abrechnung). Der Versicherer überwies dem Unfallgeschädigten rund 2000 Euro, deutlich weniger als gefordert.

A. hatte nämlich die Stundenverrechnungssätze einer Mercedes-Fachwerkstatt veranschlagt. Doch der Kfz-Versicherer erklärte, eine Reparatur in der freien X-Werkstatt am Wohnort von A. wäre technisch gleichwertig, würde aber viel weniger kosten. Daher zahle er nur den Betrag, den A. dort für die Reparatur hätte ausgeben müssen.

Der Unfallgeschädigte klagte auf Zahlung des Differenzbetrags, hatte damit jedoch beim Landgericht Freiburg (Urteil vom 9. Mai 2017, Az. 9 S 6/17) keinen Erfolg. Die Haftpflichtversicherung müsse nur die niedrigeren Reparaturkosten einer »freien Fachwerkstatt« zahlen, entschied das Landgericht - vorausgesetzt, die freie Werkstatt sei mühelos zu erreichen und ihr Qualitätsstandard entspreche dem einer Markenwerkstatt. Das treffe hier zu.

Anspruch auf die Stundensätze einer Markenwerkstatt habe ein Unfallgeschädigter nur, wenn er seinen Wagen - um ihn einmal besser weiterverkaufen zu können - auch vor dem Unfall ausschließlich in Markenwerkstätten warten und reparieren ließ. Wer sein Auto stets und in den vom Hersteller vorgeschriebenen Intervallen zur Inspektion in die Markenwerkstatt bringe, müsse sich bei Unfallschaden am »scheckheftgepflegten Auto« nicht auf eine freie Werkstatt verweisen lassen.

Mercedes schreibe eine Inspektion alle zwölf Monate bzw. alle 25 000 km vor. Werde diese Auflage nicht eingehalten, könne das Auto nicht mehr als »scheckheftgepflegt« weiterverkauft werden. Autobesitzer A. habe jedoch nur zwei Inspektionen in einer Mercedes-Benz-Niederlassung belegt. Er habe den (vorher scheckheftgepflegten) Gebrauchtwagen nach dem Kauf nicht mehr regelmäßig warten lassen, sondern ihn erst zwei Jahre später anlässlich einer Hauptuntersuchung zur Inspektion gebracht. Unter diesen Umständen könne A. kein Interesse mehr am Erhalt des Gütesiegels »scheckheftgepflegt« geltend machen. OnlineUrteile.de

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