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Interessante Auslassungen
Stephan Fischer über Kanzlerin Merkels Besuch in Warschau
Das Bemühen um Harmonie war sowohl der polnischen als auch der deutschen Seite beim Besuch von Kanzlerin Merkel in Warschau anzumerken. Keine Misstöne sollten den nachbarschaftlichen Besuch übertönen - dies gelang beiden Seiten vor allem um den Preis von Auslassungen und interessanten Interpretationen. Sowohl Polens Premier Morawiecki als auch Präsident Duda ließen das leidige Thema Reparationen unter den Tisch fallen. Das fiel ihnen nicht schwer, da es sowieso hauptsächlich innerpolnisch wirken soll. Merkel machte hingegen einen Schritt auf Polen zu, als sie in der Frage der europäischen Flüchtlingsverteilung bemerkte, dass Polen sehr wohl Flüchtlinge aufnehme. Die kommen zwar anders als die Flüchtlinge in den westlichen Staaten hauptsächlich aus der Ukraine, sind für die polnische Wirtschaft lebensnotwendig und kommen wiederum der deutschen sehr zugute - aber Merkel bemühte sich sehr, diesen wichtigen Unterschied ignorierend, Brücken zu bauen.
Beim Thema Justizreformen betonte Merkel zwar das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit - den Konflikt mit der PiS-Regierung überließ sie bisher jedoch ihrem Minister Maas oder der EU-Kommission. Und zu einem der haarigsten Fragen - Nord Stream 2 - drang gar nichts nach außen. Aber spätestens bei dieser Entscheidung werden Deutschland und Polen nur mit Auslassungen und freundlichen Worten nicht mehr weiterkommen.
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