Münchens schwarze Serie

Der FC Bayern will in der Königsklasse den FC Sevilla und sein spanisches Trauma besiegen

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 3 Min.
Gute Erfahrungen hat der FC Bayern in Spanien zuletzt nicht gemacht. Auch der Sieg gegen Dortmund taugt nicht als Gradmesser. Dennoch reisen die Münchner ziemlich selbstbewusst zum FC Sevilla.

Von Maik Rosner, Sevilla

Was Javier Martínez meinte, als er die Atmosphäre im Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán als »brutal« bezeichnete, werden die Münchner schon vor dem Anpfiff erleben. Beim Einlauf ins Stadion des FC Sevilla wird die »Hundertjahrfeierhymne« erklingen, begleitet vom inbrünstigen Gesang der Sevillistas. 2005 war das Lied vom lokalen Musiker El Arrebato geschrieben worden und sogar auf Platz eins der spanischen Charts geklettert. Beim FC Sevilla bildet es seither den Auftakt zur äußerst stimmungsvollen Untermalung der Heimspiele. So ist es auch an diesem Dienstag im Viertelfinalhinspiel der Champions League zu erwarten.

Ein wenig dürften die Warnungen der Münchner an sich selbst auch von den Rahmenbedingungen in Sevilla getragen gewesen sein. »Wir haben von Anfang an gesagt, das ist kein Glückslos, kein Traumlos«, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Ostermontag vor dem Abflug nach Andalusien. Er erwartet ein »sehr, sehr schweres Spiel«, man werde »zwei fantastische Abende brauchen, um ins Halbfinale einzuziehen«. Trainer Jupp Heynckes glaubt sogar, man müsse in Sevilla »noch besser spielen« als gegen Borussia Dortmund, »um etwas zu holen«.

Die bestärkende 6:0-Gala vom Sonnabend im vermeintlichen Topspiel der Bundesliga durch drei Tore von Robert Lewandowski sowie je einem Treffer von James Rodríguez, Thomas Müller und Franck Ribéry gegen den desolaten BVB hat an der betont sachlichen Herangehensweise nichts geändert. »Im Champions-League-Viertelfinale sind ganz andere Kaliber«, sagte Heynckes und unterfütterte damit den Eindruck, dass sich Dortmund weit davon entfernt hat, als Herausforderer des FC Bayern wahrgenommen werden zu können. »Sie haben mit uns Katz und Maus gespielt«, befand BVB-Kapitän Marcel Schmelzer. Trainer Peter Stöger erkannte »ein kollektives Versagen«.

Als Maßstab für die nun anstehende Herausforderung taugte das Vorspiel in der Tat nicht. Zumal Sevilla einen weiteren Beleg für seine Qualität durch das 2:2 am Sonnabend gegen den FC Barcelona einreichte - in einem Topspiel, das den Namen verdiente und in dem die Andalusier bis zur 88. Minute 2:0 geführt hatten. Die Münchner wissen allerdings trotz aller professioneller Mahnungen natürlich, dass Sevilla als vergleichsweise angenehme Aufgabe durchgeht im Feld der verbliebenen acht Mannschaften - und gegenüber Branchengrößen wie Barcelona, Real Madrid und Manchester City beinahe eine No-Name-Mannschaft stellt. Die Leistungsträger in der technisch feinen Truppe heißen Éver Banega, der im Hinspiel allerdings gesperrte Taktgeber im Mittelfeld, Steve Nzonzi, Franco Vázquez, Clement Lenglet, Rekordspieler Jesús Navas sowie Wissam Ben Yedder. Letzterer trug mit seinen beiden Toren beim 2:1-Sieg bei Manchester United maßgeblich zum Viertelfinaleinzug bei und rangiert derzeit hinter Reals Cristiano Ronaldo (12 Tore) mit acht Treffern auf Rang zwei der Torschützenliste der Champions League. Sevilla steht zudem erstmals im Viertelfinale, in der Europa League sind die Andalusier allerdings Rekordsieger: Fünf Mal konnte der FC Sevilla diesen Wettbewerb schon gewinnen, zwischen 2014 und 2016 sogar drei Mal hintereinander.

Im Süden Spaniens will der FC Bayern seine schwarze Serie beenden. Vier Mal in Folge scheiterten die Münchner zuletzt in der Champions League an einem Team aus Primera División. Zuletzt konnten sie in der K.o.-Phase 2013 in Spanien gewinnen. Trainer damals: Jupp Heynckes. Auf dem Weg zum Triple besiegte der FC Bayern im Halbfinale den FC Barcelona mit 4:0 und 3:0. Unter Heynckes soll Spanien auch diesmal nur eine Durchgangsstation sein. Um jenem Ziel näher zu kommen, das Thomas Müller auch wegen des Gegners direkt nach der Auslosung mit Zuversicht formuliert hatte: »Wir sind der FC Bayern München, und wir wollen mit diesem Selbstverständnis auch auftreten, dass wir in diesem Wettbewerb nicht nur mitspielen. Sondern: Wir wollen das Ding gewinnen.«

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