Grüne wollen irgendwie regieren

Die Ökopartei würde nach der Landtagswahl 2019 mit allen reden, nur nicht mit der AfD

Die von der Pressesprecherin der brandenburgischen Grünen am Montag in der Landesgeschäftsstelle in Potsdam auf den Tisch gestellten Blumen sollen ausdrücklich kein Hinweis auf eine Wunschkoalition nach der Landtagswahl 2019 sein. Es wäre auch schwer, da etwas hineinzuinterpretieren. Wie in Wahrheit wäre fast alles möglich. Der bunte Strauß zeigt viel Rot und Grün, aber auch ordentlich Gelb und sogar ein paar Tupfer Schwarz. Tatsächlich sollen die Blumen nur ein wenig Frühling in den Raum bringen, versichert Pressesprecherin Annette Weiß. Doch die Landesvorsitzende Petra Budke gibt schmunzelnd zu, sie fühle sich auch an ein Friedhofsgesteck erinnert.

Dabei müssen die Bündnisgrünen ihre Hoffnungen, in Brandenburg nach vielen Jahren endlich einmal mitregieren zu dürfen, keineswegs begraben. Im Gegenteil: Ihre Chancen stehen vor der Landtagswahl 2019 so gut wie seit 1994 nicht mehr. Das denken die Grünen und das stimmt auch, obwohl die CDU und die LINKE gerade mehr oder weniger dabei sind, in der politischen Farbenlehre ihr mögliches Spektrum zu erweitern. Denn da SPD, CDU, LINKE und AfD in den Umfragen alle bei etwa 20 Prozent liegen, müssen sich die Parteien langsam von dem Gedanken verabschieden, im Bundesland könnte eine Landesregierung von nur zwei Koalitionspartnern gebildet werden. In verschiedenen Varianten kommen hier die Grünen ins Spiel, die bei sechs Prozent der Wähler ihren Rückhalt haben.

Aber Petra Budke und ihr Co-Vorsitzender Clemens Rostock sind, als sie am Montag eine Vorschau auf den Landesparteitag am kommenden Sonnabend in Eberswalde geben, peinlich darauf bedacht, nur keine Wunschkoalition durchblicken zu lassen. »Wir gehen als eigenständige Partei mit eigenständigen Zielen in den Landtagswahlkampf«, versucht es Budke am Montag mit einer Stanze. Und nach der Wahl? »Wir werden Verhandlungen führen und sehen, in welcher Koalition wir am meisten von unseren Vorstellungen durchsetzen können«, formuliert die Vorsitzende ausweichend, als ob sich nicht absehen ließe, mit wem man sich leichter einigen könnte. Dabei sind die Parteiprogramme und die Grundüberzeugungen der möglichen Koalitionspartner doch bekannt.

Clemens Rostock ringt sich auf Nachfrage immerhin zu einer Einschätzung durch, mit wem die inhaltlichen Schnittmengen größer sind. Mehr Schnittmengen sieht er mit der Linkspartei, kann sich jedoch auch Koalitionen mit der SPD und mit der CDU vorstellen. Nicht zu vergessen mit der FDP, falls den Liberalen der Einzug in den Landtag gelingt. Nur mit der AfD wollen die Grünen selbstverständlich nichts zu tun haben.

Clemens Rostock lässt auch sonst ein kleines bisschen mehr gucken als Petra Budke, wenn er in einem Nebensatz bemerkt, die Option Rot-Rot-Grün wolle er noch nicht abschreiben, auch wenn die im Moment den Umfragewerten nach keine Mehrheit im Landtag hätte.

»Interessant« findet Rostock, dass die LINKE jetzt eine »Offenheit« zur CDU hin zeige. »Aber erst einmal abwarten«, sagt er. »Wir sind gespannt, ob das innerparteilich durchgehalten wird und was das in der Basis auslöst.« Dass der CDU-Landesvorsitzende Ingo Senftleben sich eine Koalition mit den Sozialisten nunmehr vorstellen kann, findet Clemens Rostock ebenfalls »interessant«. Die Ankündigung von Senftleben, im Falle eines Wahlsieges nicht nur die LINKE, sondern auch die AfD zu Gesprächen einladen zu wollen, beunruhigt Rostock nicht. Er glaubt der CDU, dass sie nicht ernsthaft darüber nachdenke, die AfD in eine Koalition einzubinden. Ein Bündnis mit der AfD würde nicht zum Menschenbild von Ingo Senftleben und von Landtagsvizepräsident Dieter Dombrowski (CDU) passen, schätzt Rostock ein. Das sieht auch Petra Budke so. Dennoch wäre die CDU, so betont sie, »gut beraten, dass Türchen zur AfD, das Herr Senftleben geöffnet hat, schnell wieder zuzuschlagen und geschlossen zu lassen«.

Die Grünen basteln schon an ihrem Landtagswahlprogramm, am 24. oder 25. November soll es beschlossen werden. Im Februar 2019 wollen die Grünen ihre Landesliste aufstellen. Sechs Landtagsabgeordnete haben sie gegenwärtig. Der Abgeordnete Michael Jungclaus will nicht wieder kandidieren.

Die seit 1990 dauerregierende SPD »lässt Esprit vermissen«, bemängelt Rostock. Bei den jüngsten Bürgermeisterwahlen habe die märkische Sozialdemokratie herbe Niederlagen einstecken müssen, erinnert er. Dafür könnte man lokale Gründe vermuten, gibt er zu. Doch wenn sich das bei den sechs Landratswahlen am kommenden Sonntag fortsetze, müsse man von einem Trend sprechen.

Den Landesparteitag in Eberswalde eröffnet mit einem Grußwort Michael Luthardt, der bei der Landratswahl im Barnim für die Grünen antritt. Von 2009 bis 2014 hatte Luthardt für die LINKE im Landtag gesessen. Seite 11

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