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Reformen im Boxring

Mit dem zwielichtigen Präsidenten Gafur Rahimow hofft der Weltverband auf den Verbleib im olympischen Programm

  • Nikolaj Stobbe, Lausanne
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach einer Serie von schmerzhaften Tiefschlägen scheint das olympische Boxen wieder auf die Beine zu kommen. Die Reformen des umstrittenen Interimspräsidenten Gafur Rahimow, laut USA einer der führenden Kriminellen Usbekistans, erzielen Wirkung. Der Verbleib im olympischen Programm ist wieder denkbar. »Wir sind zufrieden. Die AIBA ist unter Gafur Rahimow zu einer demokratischen Grundordnung zurückgekehrt«, sagte Sportdirektor und Geschäftsführer Michael Müller vom Deutschen Boxsport-Verband (DBV). »Die alte Satzung wurde zu großen Teilen umgeschrieben. Der deutsche Verband steht konsequent zu den Reformen der AIBA«, so Müller.

Doch wie kam es zum tiefen Fall? Der langjährige AIBA-Präsident Wu Ching-Kuo hatte den Verband ruiniert. Der Taiwanese häufte in den letzten Jahren 25 Millionen Euro Schulden an und musste im November gehen. Auch sollen unter seiner Leitung bei den letzten Olympischen Spielen in Rio de Janeiro korrupte Ring- und Kampfrichter im Einsatz gewesen sein. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) tobte, der Ausschluss aus dem Olympiaprogramm drohte. Wus Nachfolger Rahimow nutzte die Gunst der Stunde und inszenierte sich als Reformer. Der 66-Jährige einigte sich mit den größten Gläubigern des Verbandes. Die Benkons Group, Finanzdienstleister aus Aserbaidshan, willigte ein, das Gros der 8,5 Millionen Euro Schulden in einen Sponsorenvertrag umzuwandeln. Auch der chinesische Investor Wu Di verzichtete zunächst auf die Auszahlung von Verbindlichkeiten in Höhe von 15 Millionen Euro.

Gleichzeitig legte der Usbeke, der laut US-Behörden Heroinhandel betrieben haben soll, ein neues Förderprogramm auf. Nationalverbände können bei der AIBA Gelder für Programme beantragen, die in der täglichen Arbeit für mehr Transparenz und Good Governance sorgen. Das dürfte das IOC gerne hören. 885 000 Euro stellt der Verbandspräsident jährlich dafür bereit. Rahimow, der sein Geld nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90er-Jahren offiziell mit dem Handel von Rohstoffen verdient hat, tritt nach außen als harter Reformer auf. Die 36 Kampfrichter von Rio blieben unter seiner Regie gesperrt. Die AIBA soll wieder ein blütenweißes Image bekommen.

Dass dem neuen Weltverbandspräsidenten der Ruf eines Kriminellen vorauseilt, stört den deutschen Verband nicht. »Für uns gilt das Unschuldsprinzip«, sagte Müller über den Geschäftsmann, der von einigen Ländern mit Einreiseverboten belegt wurde. »Es liegen keine Haftbefehle gegen ihn vor. Außerdem ist er der dienstälteste Vizepräsident des Verbandes und musste laut Satzung Interimspräsident werden«, so Müller.

Bis Anfang November hat Rahimow das Amt noch inne, dann soll auf dem Kongress in Moskau ein neuer Präsident gewählt werden. Wenn die AIBA ihre Finanzen weiter bereinigt und das Amateurboxen bis dahin in der olympischen Familie verbleibt, dürfte der usbekische Geschäftsmann gute Chance haben, als ordentlich gewählter Präsident im Amt zu bleiben. SID/nd

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