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  • Fußball-Nationalmannschaft vor der WM

Ein Donnerwetter

Nur Torwart Manuel kann beim 1:2 der DFB-Elf gegen Österreichs Fußballer überzeugen

  • Matthias Koch, Klagenfurt
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach dem von Wetterkapriolen begleiteten Länderspiel in Klagenfurt suchte der Tross des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schnell das Weite. Die meisten Kicker des amtierenden Weltmeisters verließen nach der 1:2-Niederlage gegen den fleißigen Gastgeber Österreich zeitnah den Innenraum. Lediglich eine kleine Abordnung - Kapitän Manuel Neuer sowie die Feldspieler Joshua Kimmich, Julian Brandt und Leroy Sane - hielt es für nötig, den aus der Heimat mitgereisten Anhängern zuzuwinken. Es war die erste Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen Österreich seit dem Jahr 1986.

Die Pressekonferenz mit Bundestrainer Joachim Löw durfte auch nicht lange dauern. Das Spiel hatte wegen Unwetters - mit Blitzen, Hagel und Starkregen - mit 105-minütiger Verspätung begonnen. Sogar eine Absage wurde erwogen. Der DFB-Flieger musste noch vor Mitternacht in Bozen landen. Im nahen Eppan setzt die Mannschaft nun ihre WM-Vorbereitung fort, ehe es am Freitag in Leverkusen zur letzten Generalprobe vor den Welttitelkämpfen in Russland gegen WM-Teilnehmer Saudi-Arabien kommt.

Löw passte die Niederlage nicht, auch wenn er zwei Tage vor Bekanntgabe des endgültigen WM-Kaders nicht die Stammelf ins Rennen geschickt hatte. Champions-League-Abonnementssieger Toni Kroos von Real Madrid sollte nach einem Kurzurlaub erst am Tag nach dem Spiel gegen Österreich zur Mannschaft stoßen. Die ebenfalls gesetzten Mats Hummels und Thomas Müller vom FC Bayern München waren geschont worden und erst gar nicht aus Eppan mitgereist. In Südtirol verblieb auch ihr Teamkollege Jerome Boateng, der noch eine Oberschenkelverletzung auskuriert.

Löw kam aber gar nicht auf die Idee, dies als Ausrede anzuführen. Zu leichtfertig wurde die frühe Führung durch Mesut Özil verspielt. »Die Niederlage ärgert mich schon, weil wir vieles von dem nicht umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben. In der ersten Halbzeit haben wir es phasenweise ganz ordentlich gemacht«, erklärte Löw. »Nach der Pause sind wir in ein Fahrwasser geraten, das mir gar nicht gefallen hat. Wir waren viel zu schlampig im Spiel nach vorne. Ich nehme einige Erkenntnisse mit.«

Mögliche Auswirkungen werden vier Spieler bereits am Montag zu spüren bekommen. Denn ein Quartett muss noch aus dem vorläufigen WM-Kader gestrichen werden. Weltmeister-Schlussmann Neuer wird es mit Sicherheit nicht treffen. Der 32-Jährige überzeugte nach 289 Tagen Verletzungspause nach einem erneuten Mittelfußbruch trotz fehlender Spielpraxis. An den beiden Gegentreffern von Martin Hinteregger und Alessandro Schöpf nach der Pause trifft Neuer keine Schuld. »Das war ein gutes Comeback von Manuel nach so langer Zeit. Er hat ein, zwei Bälle prima pariert«, so Löw.

Ob Debütant Nils Petersen vom SC Freiburg seine Startelfchance nutzen konnte, ist offen. Der frühere Spieler des FC Carl Zeiss Jena und von Energie Cottbus hätte als Stürmer vermutlich mehr Akzente setzen müssen, um seinen vermeintlichen Konkurrenten Mario Gomez vom VfB Stuttgart auszustechen. In Klagenfurt war Gomez nach 76 Minuten für Petersen eingewechselt worden. Vielleicht nimmt Löw aber auch beide mit. »Ich bleibe ganz ruhig und lasse mich am Montag überraschen«, zeigte sich Petersen cool.

Um die WM-Teilnahme zittern müssen auch Torwart Kevin Trapp von Paris St. Germain sowie die Leverkusener Jonathan Tah und Julian Brandt. Vom Besuch der Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag im deutschen Trainingslager wollte sich Löw in seiner Entscheidungsfindung nicht ablenken lassen.

Für Österreich war der Sieg gegen den Lieblingsgegner ein echtes Ereignis. Die Fans der Austria unter den knapp 30 000 Besuchern in Klagenfurt feierten den Triumph fast wie einen WM-Sieg. Österreich ist zwar bei der Weltmeisterschaft in Russland nicht dabei, aber sieben Siege in Folge sind aller Ehren wert. Nur in den 1930er Jahren gab es so etwas schon einmal durch Österreichs legendäres Wunderteam um Kapitän Matthias Sindelar.

In Klagenfurt nun genoss Franco Foda - der Deutsche trainiert seit November 2017 Österreichs Nationalelf - den Abend sehr. Fünf Siege gelangen den Österreichern unter Foda bereits. »Wir können es zwei, drei Tage genießen. Wir haben Deutschland gut unter Druck gesetzt. Das hat es dem Gegner schwer gemacht«, meinte Foda. Sein Kollege Löw räumte ein, dass Deutschland in der Verfassung von Klagenfurt bei der Weltmeisterschaft keine Chance haben werde. Verrückt machen lassen wollte sich Löw aber noch lange nicht.

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