LINKER gegen LINKEN

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Eigentlich haben fünf Abgeordnete des Thüringer Landtages seit der Reform des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes nun bessere und vor allem strengere Möglichkeiten, den Inlandsnachrichtendienst des Freistaates zu überwachen. Was meint: Sie haben mehr Auskunftsrechte und Ansprechpartner bei dem Amt als vor der Reform, eine eigene Controlling-stelle beispielsweise. Doch nach Einschätzung des innenpolitischen Sprechers der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Steffen Dittes, haben diese Abgeordneten ihre erweiterten Möglichkeiten nur unzureichend genutzt - was deshalb besonders brisant ist, weil ein Fraktionskollege von Dittes, Dieter Hausold, nicht nur der sogenannten Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtages in Erfurt vorsitzt, die den Verfassungsschutz kontrolliert. Sondern, weil der aktuelle Bericht der PKK auch noch einstimmig von den PKK-Mitgliedern verabschiedet worden ist; also auch mit der Stimme Hausolds.

Allerdings: In dem Papier werde kaum deutlich, wie die Abgeordneten ihre Kontrollfunktion wahrgenommen und wo sie in den vergangenen Monaten gegebenenfalls korrigierend in die Arbeit des Verfassungsschutzes hätten eingreifen müssen, kritisierte Dittes am Freitag in Erfurt während einer Landtagsdebatte, nachdem Hausold den aktuellen PKK-Bericht etwa zwei Stunden lang im Plenum vorgelesen hatte. Stattdessen, sagte Dittes, würden darin hauptsächlich bekannte und schon längst auch medial breit berichtete Entwicklungen zur Sicherheitslage in Thüringen und Deutschland erneut referiert. »Es war ein fortgesetzter Verfassungsschutzbericht«, sagte Dittes.

Womit er zu großen Teilen Recht hat. Hausold wiederholte nämlich in der Tat bekannte Zahlen und Einschätzung von Bundes- oder Landessicherheitsbehörden. Beispielsweise erinnerte er daran, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz zuletzt davon ausging, dass es in Deutschland etwa 16 500 Reichsbürger gibt und etwa 1100 von ihnen die Genehmigung haben, legal Waffen zu besitzen.

Dittes dagegen sagte, ihm fehle in dem aktuellen PKK-Bericht beispielsweise jeder Hinweis darauf, wie sich der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln wie V-Leuten in Thüringen in den vergangenen Monaten entwickelt habe. In dem Papier werde nur erwähnt, dass es dazu einen Trend gebe, ohne aber zu konkretisieren, wie der aussehe. Auch gebe es in dem Bericht der Kontrolleure keinerlei Einschätzung dazu, ob der Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln durch den Verfassungsschutz aus Sicht der Abgeordneten verhältnismäßig gewesen sei. Die geheim tagende und beratende PKK besteht aus Abgeordneten von CDU, SPD, LINKE und Grüne; die Union stellt dabei zwei Vertreter in der Kommission. Die AfD ist in dem Gremium nicht vertreten.

Kritisch setzt sich der aktuelle PKK entsprechend auch weniger mit der Arbeit des Nachrichtendienstes als vielmehr mit der Informationspolitik der Landesregierung über solche Themen zusammen, mit denen der Verfassungsschutz zuletzt befasst war.

So müsse die Regierung von sich aus früher über verfassungsschutzrelevante Sachverhalte in dem Gremium informieren, forderte Hausold mit Verweis auf den Bericht. Es könne nicht sein, dass über manche dieser Vorkommnisse die Medien früher berichteten, als die Mitglieder der PKK darüber von der Regierung informiert würden.

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