Brüderlich vereint im Ensemblekabarett

Die »Herkuleskeule« lud nach Dresden zum Kabarettgipfeltreffen

  • Hanno Harnisch
  • Lesedauer: 3 Min.
Berlin wird in dieser Woche seine schwere Bürde, politische Hauptstadt der Republik zu sein, mit der Freude versüßt, sein alljährliches Theatertreffen auszurichten. Die besten Ensembletheater zeigen ihre besten Arbeiten auf ihrem Nationalen Theatergipfel. In Dresden treffen sich in diesen Tagen die Arbeitsminister der G 8 - um den Gipfel ihrer Chefs im nächsten Monat hinter dem großen Zaun um Heiligendamm vorzubereiten. Soziale Mindeststandards sollen in Dresden erörtert werden. Am Sonntag war aber - neben den üblichen Bauzäunen - nichts davon im Stadtbild zu merken. Ein ganz normaler Tag also? Nicht ganz. Denn im Staatsschauspiel, gleich hinter dem Zwinger, gab es einen kleinen Gipfel der besonderen Art. »Ensemblekabarett in Deutschland«. Maximalstandards der Unterhaltung. Die Münchner »Lach + Schießgesellschaft«, das Berliner Kabarett »Die Distel« und das Düsseldorfer »Kom(m)ödchen« folgten einer Einladung der »Herkuleskeule« an die Elbe, und so kam es zu dieser erstmaligen Zusammenkunft der Polithumoristen auf einer großen Theaterbühne. Der Saal war bis zum letzten Platz ausverkauft. Das Publikum war gefordert - und wurde belohnt. »Verlängert« hieß das Jubiläumsprogramm im 50. Jahr des Bestehens der Münchner, die mit Dieter Hildebrandt (und mit Hilfe der ARD) Kabarett in Deutschland richtig populär machten. Sonja Kling, Ecco Meinecke und Thomas Wenke gaben einen galligen Einblick in deutsche Nachkriegsgeschichte. In Kombination von Spiel und Schlagern gelang es ihnen, das sehr begeisterungsfähige Dresdener Publikum zu erwärmen. Richtig bissig wurde es, als im »Heiteren Beruferaten«, der damals überaus beliebten Fernsehshow mit Robert Lemke (»Welches Schweind'l hätten's denn gern?«) Adolf Eichmann der Promi-Gast war. Da blieb das Lachen im Hals stecken, und da sollte es auch hin. Nicht minder provokant die »Distel« mit ihrem Anti-Nazi-Song »Hotel Hoyerswerda« aus dem feinen Programm »Nullrunde«. Die »Neuzugänge« Dorina Pascu und Timo Doleys spielten (und sangen) - hauptstädtisch souverän - neben den »alten« Kollegen Gert Kießling und Edgar Harter. Deren Persiflage auf Alfred Bioleks Herdgeplauder mit einem Arbeitslosen brachte den ganzen Saal zum Kochen. Heimvorteil für die »Herkuleskeule« mit ihrem jungen Programm über das Altwerden: »Leise flehen meine Glieder«. Brigitte Heinrich, Gloria Nowack und und Detlef Nier spielten, sangen und bewegten sich einfach »scheen«. Zum Schluss die Düsseldorfer. »Couch. Ein Heimatabend«. Heiko Seidel, Maike Kühl und Christian Ehring haben sich gestattet, Kabarett über die Schwierigkeiten des Kabaretts zu machen. Mit viel Leichtigkeit und besten Einfällen. Zwischen den einzelnen Programmen von »nur« 30 Minuten sprachen - per Video - drei Besucher aus der Loge - Gisela Grube, Urgestein der »Herkuleskeule«, die schön-schnoddrige Birgit Schaller und der witzig-(nase)weise Rainer Bursche - zum Publikum. Sie waren vor lauter Heiterkeit, die sie auslösten, kaum zu verstehen. Ich erlebte ein Fest des Ensemblekabaretts, das lange noch nicht »aus der Mode« gekommen ist, das sich noch lange nicht »zu Tode getourt« hat, wie im Abschlussgesang aller Mitwirkenden beschworen. Am Sonntagabend noch wurden weitere »Theaterbesetzungen« geplant, in Düsseldorf, Berlin und München. Erstmalig muss also nicht einmalig sein, wenn man sich »brüderlich vereint«.
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