Sozialer Wohnheimbau

An der Karl-Liebknecht-Straße in Potsdam-Golm entsteht eine Anlage für 308 Studierende

Finanzminister Christian Görke (LINKE) hat zwar 13 Millionen Euro für den Bau eines neuen Studentenwohnheims an der Karl-Liebknecht-Straße in Potsdam-Golm zur Verfügung gestellt - sieben Millionen Euro als Zuschuss und weitere 5,9 Millionen Euro als Darlehen. Aber am Mittwoch zur Grundsteinlegung hat er kein Kleingeld dabei, das der Tradition gemäß in die Zeitkapsel gelegt und eingemauert wird. Einige Zuschauer helfen aus und legen ein paar Münzen in die Hand von Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD), die das Geld dann in die längliche Röhre gleiten lässt, in der sich schon eine Tageszeitung, Baupläne und Schlüssel des alten Wohnheims befinden, das früher an dieser Stelle stand und nun durch den Neubau ersetzt wird.

Insgesamt 16,9 Millionen kostet der U-förmige Komplex, in den zum Wintersemester kommenden Jahres 308 Studierende einziehen sollen. Das sind 100 mehr, als bisher an dieser Stelle unterkommen konnten. Dafür wird es neben den herkömmlichen Wohngemeinschaften allerdings auch sogenannte Pärchenzimmer geben. Jeweils zwei Studenten müssen sich ein solches Zimmer teilen. In der DDR haben in den Wohnheimen in einem Raum auch noch mehr Studenten zusammengelebt. Doch heute möchten die jungen Leute ein bisschen Privatsphäre. Die Pärchenzimmer sind deswegen nicht so beliebt. Doch es gehe nicht anders, der Platz werde dringend benötigt, sagt Peter Heiß, Geschäftsführer des Studentenwerks Potsdam.

Die Not ist groß. 25 000 junge Menschen studieren in Potsdam, weitere 25 000 an anderen Orten im Land Brandenburg. Nur 13,7 Prozent von ihnen können mit einem Wohnheimplatz versorgt werden. Der Bundesdurchschnitt liegt zwar nur bei 9,6 Prozent, Brandenburg steht also noch vergleichsweise gut da. Doch »das Berauschen an Prozentzahlen hilft keinem«, weiß Finanzminister Görke. »Es gibt erheblichen Bedarf und wir werden die Herausforderung annehmen«, verspricht er. Görke überlegt schon, wie sich Maßnahmen aus dem Wohnungsbauvermögen finanzieren lassen. Schließlich seien Studentenwohnheime auch sozialer Wohnungsbau, sagt der Finanzminister.

Das freut Kilian Binder, der im 6. Semester Politik, Verwaltung und Organisation studiert und im Senat der Universität Potsdam die Belange seiner Kommilitonen vertritt. Ihm selbst nutzt der Wohnheimbau nichts mehr. Er wird nicht einziehen, denn so lange soll sein Studium nicht mehr dauern. Aber Binder denkt an die, die nach ihm kommen. Er denkt auch zurück, wie er vor seinem Studium den Beruf des Elektrikers erlernte. Es ist ihm deswegen bei der Grundsteinlegung wichtig, den Arbeitern, »den Männern, die hier einen Helm aufhaben«, zu danken, dass sie dieses schöne Studentenwohnheim errichten. Kilian Binder ist offensichtlich der einzige Studierende, der am Mittwochmittag aus einer Vorlesung zu diesem Termin geeilt ist. Derweil büffeln viele Studenten still und emsig in den Lesesälen der Universitätsbi᠆bliothek direkt neben der Baustelle. Doch wenn das Wohnheim fertig ist, sollen die Studenten nicht so leise sein. Kilian Binder wünscht sich eine zünftige Einweihungsfeier.

Zwei Kräne drehen sich und heben Betonteile. Über die Phase der Baugrube ist das Projekt eigentlich schon hinaus. Mit der Grundsteinlegung ist das Studentenwerk insofern etwas spät dran. Vom Erdgeschoss ist schon der Rohbau zu sehen und teilweise entsteht bereits die zweite von fünf Etagen. Im Grunde sind die Bauleute bereits auf halbem Wege zum Richtfest.

»Wir liegen im Zeitplan«, versichert Studentenwerkschef Heiß. Er dankt seinen Kindern, dass sie immer geduldig mitkommen, wenn er jedes Wochenende herspaziert, um sich vom Fortgang der Arbeiten zu überzeugen.

Eine annehmbare Bleibe zu einem bezahlbaren Preis zu finden, ist in Potsdam ein Kunststück. In der Stadt herrscht Wohnungsnot. Die Studentenwohnheime sind voll ausgelastet. Zwar gibt es private Vermieter, bei denen Studierende unterkommen können. Aber diese Vermieter verlangen viel Geld. Das Studentenwerk Potsdam nimmt dagegen pro Bett durchschnittlich 238 Euro im Monat. Um das einordnen zu können: Im Bafög-Satz ist eine Wohnkostenpauschale von 250 Euro enthalten.

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