Aus Filipe wird Filipa - ohne medizinisches Gutachten

Portugal will das Selbstbestimmungsrecht von Transgender garantieren / Bislang galt Trans als Persönlichkeitsstörung

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In Portugal sollen Menschen künftig von ihrem 16. Lebensjahr an ihren Namen und ihr Geschlecht ändern können, ohne eine Identitätsstörung belegen zu müssen. Portugal werde so das sechste Land in Europa, das das Selbstbestimmungsrecht von Transgender garantiere, sagte die Linksblock-Abgeordnete Sandra Cunha am Donnerstagabend nach der Abstimmung im Parlament in Lissabon. Ähnliche Gesetze gibt es bereits in Dänemark, Malta, Schweden, Irland und Norwegen.

Gemäß eines Gesetzes, das seit 2011 in Kraft ist, müssen Transgender in Portugal bislang ein medizinisches Gutachten vorlegen, das ihnen eine »Geschlechtsidentitätsstörung« bescheinigt, bevor sie ihr eingetragenes Geschlecht ändern können. »Kein Mensch braucht einen Dritten, um zu wissen, ob er ein Mann oder eine Frau, ein Junge oder ein Mädchen ist«, argumentierte Cunha bei der Debatte, die der Abstimmung vorausging.

Das Gesetz verbietet außerdem Operationen an intersexuellen Neugeborenen - Babies, die mit männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen geboren werden. Sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben selbst über ihr Geschlecht entscheiden können.

Der konservative Präsident Marcelo Rebelo de Sousa muss das Gesetz noch unterzeichnen. Eine erste Version des Textes hatte er im April abgelehnt. Der Staatschef forderte, dass bei 16- bis 18-Jährigen weiterhin ein medizinisches Gutachten notwendig sein soll. Das neue Gesetz sieht nun vor, dass Minderjährige ein Gutachten über ihre Entscheidungsfähigkeit, jedoch keine medizinische Einschätzung ihrer Geschlechteridentität benötigen.

Auch de Sousa sprach sich dafür aus, Transsexualität nicht länger als »abnormalen krankhaften Zustand« einzustufen. Das Recht darauf, Namen und sein in offiziellen Dokumenten eingetragen Geschlecht zu ändern, ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem Anspruch auf eine körperliche Geschlechtsumwandlung.

In Deutschland ist eine Änderung des Geschlechts oder des Namens nicht ohne Einholung zweier Gutachten möglich. Das bestätigte das Bundesverfassungsgericht erneut im vergagenem Jahr. Eine Transfrau hatte geklagt, ihren Namen auch ohne die Einholung zweier Gutachter in »Nicole« ändern zu lassen und verwies dabei auf ihre Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte. Das Gericht folgte dem nicht. AFP/nd

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