Budget reicht nicht für Räumung

Weltkriegsmunition in Mecklenburg-Vorpommern immer noch eine verborgene Gefahr

  • Marek Majewsky, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Schwerin. Erst brennt der Wald, dann explodiert immer wieder alte Munition - so geschehen vor gut einer Woche in Groß Laasch (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Dort gilt nun ein Betretungsverbot. Durch den Brand seien die Flächen besonders sensibel geworden, teilte Forstamtsleiter Holger Voß mit. Darüber hinaus gebe es keine Überlegungen, weitere munitionsbelastete Flächen sperren zu lassen, so die restlichen fünf Landkreise von Mecklenburg-Vorpommern. Die bekannten Bereiche seien gesperrt oder entsprechend gekennzeichnet.

Vor mehr als 73 Jahren war der Zweite Weltkrieg zu Ende, doch was damals vergraben, abgeworfen oder zurückgelassen wurde, könnte auch heute noch Menschenleben fordern. »Munition wurde entwickelt, um Menschen zu töten, und das kann alte Munition auch heute noch«, erläutert der Leiter des Munitionsbergungsdienstes, Robert Mollitor. Der verwendete Sprengstoff sei chemisch stabil. »Die Löcher, die bei der Sprengung der Bomben in Schwerin vor drei Wochen entstanden sind, sind exakt so groß wie die Sprengtrichter der fabrikneuen Bomben, die 1944 auf Mecklenburg-Vorpommern abgeworfen worden sind.«

Im Kampfmittelkataster sind laut Innenministerium 90 000 Hektar Landfläche als belastet erfasst. Dies entspreche 3,9 Prozent der Landesfläche. Das Kataster kenne fünf Kategorien, so Mollitor. 175 Flächen seien der Kategorie vier zugeordnet. Diese sei besonders brisant, da die Munition nur von wenig Vegetation bedeckt sei und daher sichergestellt werden müsse, dass niemand zu Schaden kommt. Das geschehe in der Regel durch Beschilderung oder Sperrung der Flächen. Die sicherste Variante sei jedoch die Räumung des Gebiets.

Dass noch nicht alles geräumt wurde, sei auch eine finanzielle Frage: Es gibt laut Mollitor allein 18 000 Hektar belasteten Wald der Kategorie vier. Diesen komplett zu räumen, könne bis zu 270 Millionen Euro kosten. Derzeit habe der Bergungsdienst ein jährliches Budget von 1,25 Millionen. Auch wenn es laut Haushaltsplanung in den nächsten Jahren auf 1,5 Millionen steigen soll, reiche es nicht, um in absehbarer Zeit alles zu räumen.

Mollitor appelliert an den gesunden Menschenverstand: »Wenn beispielsweise Pilzesucher etwas finden, wo nur der leistete Verdacht besteht, dass es Munition sein könnte: Finger weg!« In diesem Fall solle man umgehend die Polizei verständigen, die sich dann beim rund um die Uhr besetzten Bereitschaftsdienst melden werde. Auch wenn sich herausstelle, dass es keine Munitionsreste seien, müsse man keine Sorgen haben, den Einsatz selbst zahlen zu müssen.

Ob belastete Gebiete gesperrt oder beschildert werden, variiert von Landkreis zu Landkreis. So gab es bis zum Betretungsverbot in Groß Laasch, das seit Sonntag gilt, in Ludwigslust-Parchim laut Sprecherin »keine ausschließlich aufgrund von Munitionsbelastung gesperrten Flächen«. Schilder warnten jedoch vor dem Betreten der entsprechenden Flächen. So sei bis vor Kurzem auch der Wald, der von Mittwoch bis Sonntag brannte, offiziell nicht gesperrt gewesen.

Auch im Landkreis Rostock seien entsprechende Flächen nicht gesperrt, sondern gekennzeichnet. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald teilte hingegen mit, dass die meisten bekannten Flächen abgesperrt und eingezäunt seien. Auch vonseiten des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte heißt es, die rund 30 kampfmittelbelasteten Gebiete seien »von jeher« gesperrt und entsprechend ausgeschildert. dpa/nd

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