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Fliegendes Spaghettimonster gibt keine Ruhe

»Nudelmessen«-Streit liegt bei Bundesverfassungsgericht - »Pastafari« wollen Weltanschauungsgemeinschaft sein

  • Lesedauer: 3 Min.

Templin. Ein Jahr nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg über öffentliche Hinweisschilder für »Nudelmessen« der »Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters« in Templin (Uckermark) ist weiter offen, wann sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Fall befassen wird. »Das Verfahren ist in Bearbeitung«, erklärte ein Gerichtssprecher Ende vergangenen Woche in Karlsruhe: »Ein Termin für die Veröffentlichung einer Entscheidung ist derzeit nicht absehbar.«

In Templin hängen seit geraumer Zeit vier Hinweisschilder für »Nudelmessen«, die den klassischen Hinweisen auf die Gottesdienste der christlichen Kirchen an den Zufahrtsstraßen der Stadt stark ähneln. Das brandenburgische Oberlandesgericht hatte Anfang August 2017 entschieden, dass dies nicht zulässig sei (Aktenzeichen.: 4 U 84/16). Die humanistisch ausgerichtete satirische »Spaghettimonster«-Kirche will dieses Urteil jedoch vom höchsten deutschen Gericht überprüfen lassen. Das Verfassungsgericht muss zunächst festlegen, ob der Fall zur Entscheidung angenommen wird.

Die vier Schilder würden bis zu einer abschließenden Gerichtsentscheidung an den Ortseingängen hängenbleiben, sagte Templins Bürgermeister Detlef Tabbert (LINKE) am Freitag auf Anfrage. Er hatte den »Pastafari« ein Schilderasyl gewährt. Im Fall einer Niederlage der »Spaghettimonster«-Kirche müssten sie aber abgeschraubt und gegebenenfalls neue Standorte gesucht werden.

Mit einem weiteren Rechtsstreit darüber, ob ein Mitglied der »Spaghettimonster«-Kirche im Personalausweis Anspruch auf ein Passbild mit Piratentuch als Kopfbedeckung hat, will sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in den kommenden Wochen befassen (Aktenzeichen: OVG 5 N 32.15). Über den Ende 2015 in dem Verfahren vom Kläger gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung soll im dritten Quartal 2018 entschieden werden, sagte dazu eine Gerichtssprecherin in Berlin. Die Vorinstanz hatte den Antrag des Templiners Rüdiger Weida auf ein Passbild mit Kopfbedeckung abgelehnt.

Das Oberlandesgericht in Brandenburg/Havel hatte 2017 eine Anerkennung der »Kirche des fliegenden Spaghettimonsters« als Weltanschauungsgemeinschaft abgelehnt. Der Verein vertrete »kein umfassend auf die Welt bezogenes Gedankensystem im Sinne einer Weltanschauung«, hatte das Gerichts in Brandenburg/Havel in seiner Begründung befunden. Die »Spaghettimonster«-Kirche habe deshalb nicht die gleichen Rechte wie Religionsgemeinschaften und damit auch kein Recht, Hinweisschilder für wöchentliche »Nudelmessen« am Ortseingang von Templin aufzustellen.

Die »Kirche des fliegenden Spaghettimonsters« kann man als Parodie auf die großen Religionsgemeinschaften verstehen. Begründet hat sie der US-Physiker Bobby Henderson 2005, um das Kansas School Board, die Schulbehörde im Bundesstaat Kansas, zu verspotten. Er fand weltweit Anhänger, zugleich reagierten Kirchen und Behörden oftmals mit Unverständnis und offener Gegnerschaft. Allerdings hat Neuseeland die Glaubensgemeinschaft anerkannt. Der Ableger der Gemeinschaft in Templin ist entschlossen, nicht Kleinbei zu geben. Die »Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland Gemeinde Uckermark« ist als Pasta-Gemeinde bekannt geworden, ihre Mitglieder als »Pastafari«. epd/tm

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