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Wie männlich ist Justitia?

Mecklenburg-Vorpommern: Schwesig will mehr Frauen auf Führungsposten bringen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Zur »Chefinnensache« möge Manuela Schwesig (SPD) die Gleichberechtigung in der Justiz machen: So hat jetzt die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes, Maria Wersig, die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns bei ihrer Forderung nach mehr Frauen in Führungspositionen der Justiz unterstützt. In den vergangenen fünf Jahren, so hatte Schwesig vorgerechnet, seien von 24 Spitzenstellen in Gerichten und Staatsanwaltschaften des Nordostens nur fünf mit Frauen besetzt worden.

Das müsse sich ändern, betont die Sozialdemokratin, dazu solle nun ein »strategischer Plan« erarbeitet werden. Ratsam sei es beispielsweise, Chefstellen in der Justiz künftig nicht mehr nur im Land, sondern bundesweit auszuschreiben; dann hätten mehr Frauen die Chance auf eine hochrangige Position.

Sogleich gab es Gegenwind vom Deutschen Richterbund: Ausschließlich Eignung, Befähigung und Leistung dürften ausschlaggebend sein für die Besetzung einer Stelle. Frauen bei der Vergabe einer leitenden Position zu bevorzugen, nur weil sie Frauen sind, das widerspreche der Verfassung. Widerspruch auch beim Koalitionspartner CDU: Dort stößt besonders Schwesigs Anregung, Führungspositionen im Nordosten deutschlandweit anzubieten, auf Ablehnung. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Schweriner Landtag, Sebastian Ehlers, meint, in Mecklenburg-Vorpommern gebe es »ausgezeichnete Juristinnen und Juristen«, und landesinterne Ausschreibungen bewiesen, »dass man hier auch Karriere machen kann«.

Unterstützung bekommt die Ministerpräsidentin von der oppositionellen LINKEN. Ihr gleichstellungspolitischer Sprecher Peter Ritter weist die Kritik des Richterbundes zurück: »Es geht nicht darum, ungeeignete Personen in Positionen zu bringen.« Vielmehr sei es das Ziel, den vielen qualifizierten, geeigneten und erfahrenen Juristinnen im Land Positionen anzuvertrauen, »die sie zweifelsfrei hervorragend ausfüllen können«.

Einmütiges Wohlwollen wird Manuela Schwesig seitens der Linksfraktion jedoch nicht zuteil. Deren Rechtsexpertin Jacqueline Bernhardt missfällt es, dass die Regierungschefin einen zum Leitenden Oberstaatsanwalt aufgestiegenen Landesjuristen erst fünf Monate nach seiner Beförderung im neuen Amt bestätigte. Bernhardt vermutet, dass bei Schwesigs Verzögerung nicht allein Aspekte der »Frauenfrage« mitgespielt haben, sondern womöglich auch Animositäten innerhalb gegen den betreffenden Juristen.

Die Staatskanzlei weist das entschieden zurück. Dennoch will Bernhard geklärt wissen, ob und inwieweit die Ministerpräsidentin Einfluss auf die Stellenbesetzungen hat, denn das könne die richterliche Unabhängigkeit berühren.

Diese Bedenken wiederum haben den Fraktionschef der Landtags-SPD, Thomas Krüger, mobilisiert. Der Ministerpräsidentin gehe es nicht darum, Einfluss auf konkrete Personalentscheidungen zu nehmen, sondern einen Missstand zu benennen, bekräftigt Schwesigs Genosse.

Ob sich das Bestreben der Regierungschefin, etwas gegen diesen »Missstand« zu tun, schon auf anstehende Personalentscheidungen auswirkt? Voraussichtlich noch im Oktober ist die höchste Position im Oberlandesgericht Rostock zu vergeben, denn dessen Präsident Burkhard Thiele geht in den Ruhestand. Und im kommenden Jahr sind die Präsidentenstühle der Generalstaatsanwaltschaft Rostock und des Oberverwaltungsgerichts Greifswald neu zu besetzen.

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