Waffen sind an der Garderobe abzugeben

In München erinnert das »Plenum R« mit 40 Veranstaltungen an Revolution und Räterepublik

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.

In Bayern hat es ein kleines polit-historisches Erdbeben gegeben. Die bayerische Staatsregierung hat sich anlässlich des 100. Jahrestages der Revolution von 1918 tatsächlich dazu herabgelassen, nicht nur endlich die Existenz von Kurt Eisner, dem ersten Ministerpräsidenten des Freistaates, zur Kenntnis zu nehmen. Nein, sie würdigt seine historische Rolle sogar »außerordentlich positiv«. Nun gut, die Zeiten ändern sich und auch der »Bayernkurier« ist nicht mehr das, was das CSU-Zentralorgan einst war.

Am 7. November dieses Jahres steht das Gedenken an die große Friedenskundgebung auf der Münchner Theresienwiese vor 100 Jahren im Vordergrund. Von dort aus zog Kurt Eisner mit seiner Gefolgschaft zu den Kasernen. In der Nacht riefen Arbeiter- und Soldatenräte im Mathäserbräu die Republik aus. Da war die Mehrheits-SPD schon längst schlafen gegangen.

An diese Geschichte erinnern und so manches Detail dieser Revolution aus dem Schlaf der Geschichte erwecken - das will auch das Münchner »Plenum R« mit einem bunten Strauß aus 40 Veranstaltungen. Dieses Plenum ist ein organisatorischer Zusammenschluss von rund 30 Menschen, die sich die Erinnerung und Thematisierung von Revolution und Räterepublik auf die Fahnen geschrieben haben. Das alles wird von einem Sprecherrat nach außen vertreten. Mitglied ist dort zum Beispiel Reinhard Mosner, langjähriger Metaller-Betriebsrat, der sich um den Arbeitskreis Denkmäler kümmert (sie haben das vergessene Grab des Roten Stadtkommandanten Rudolf Egelhofer rekultiviert). Ebenfalls dabei ist Cornelia Naumann, Autorin eines Buches über Sarah Lerch, eine Mitstreiterin von Kurt Eisner. Die Pädagogin Eva Maria Volland leitet den Frauen-Arbeitskreis im Plenum R. Zum Sprecherrat gehört zudem der Gestaltpädagoge Fritz Lesch. Ihm ist wichtig, »freizulegen, was unter der Propaganda alles vergraben ist«.

Das Programm zu Revolution und Räterepublik ist quasi ein Erinnern »von unten«. Es hebt sich durch diesen ehrenamtlichen Charakter deutlich von Erinnerungsveranstaltungen von Institutionen oder Parteien ab. Da geht es zum Beispiel am 7. Februar um den nahezu geheimen Wittelsbacher Ausgleichsfonds, durch den die ehemalige Königsfamilie auf ewig ein auskömmliches Einkommen im Freistaat erhält.

Das Thema wäre ein fruchtbares Feld für alle Wutbürger, die sich gerne darüber aufregen, was man denn den Asylbewerbern alles zugutekommen lasse. Außerdem geht es um all die vergessenen Arbeiter- und Soldatenräte, die sich neben München quer durch Bayern gebildet hatten, von Konstanz bis Hof. Ihre Geschichte erzählen Sebastian Zehetmair und Günter Baumgartner am 1. Dezember 2018. Am 21. März 2019 geht es mit Andreas Paul Schulz unter der Überschrift »Waffen sind an der Garderobe abzugeben« um eine Lesung aus Protokollen der Räterepublik. Am 13. April 2019 ist die Friedrich-Engels-Stiftung Wuppertal in München zu Gast. Wo? Natürlich im Hofbräuhaus, dem Ort, an dem die Räterepublik ausgerufen wurde.

Dass allein 13 der 40 Veranstaltungen Frauen gewidmet sind, darauf weist Julia Killet von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und dem Kurt Eisner-Verein hin, der beim Plenum R mit dabei ist. Da geht es um Themen wie »Die ersten Frauen im bairischen Parlament« (Karin Sommer, 24. Januar 2019), um »Münchens vergessene Revolutionärin Sarah Lerch« (Cornelia Naumann, 29. November 2018) oder um ein »Fiktives Streitgespräch zwischen Anita Augspurg und Clara Zetkin« (Sabine Bollenbach, Heidi Meinzolt, 19. Februar 1919).

Die meisten Veranstaltungen finden in der »Revolutions-Werkstatt« der Sendlinger Kulturschmiede statt. Weiter unterstützt wird das Programm von der Landeshauptstadt München und dem Sendlinger Bezirksausschuss.

Das vollständige Programm auf der Homepage des Plenum R: plenum-r.org

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