Widerstand im Weißen Haus

Anonymer Gastbeitrag in der »New York Times«

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Präsident schäumt. Erst die verheerenden Buchenthüllungen von Bob Woodward, und nun sorgt ein wahrlich ungewöhnlicher »Brief« aus dem Weißen Haus für neue Schlagzeilen - und bestätigt, was der Starreporter über die desolaten Zustände in der Machtzentrale schreibt. Donald Trump ist erbost über einen Gastbeitragbeitrag in der »New York Times«, den es so in jüngerer US-Geschichte noch nicht gab. Denn darin wirft ihm ein hochrangiger, anonym bleibender Regierungsmitarbeiter »Amoralität« und »antidemokratische« Impulse vor. In einem Tweet forderte der Präsident die Zeitung auf, umgehend offenzulegen, wer dahinter stecke. Es gehe um die nationale Sicherheit. »VERRAT?«, fragte Trump seine 54 Millionen Twitter-Follower und ob es sich hier nicht um eine »weitere gefälschte Quelle« der Zeitung handele - die aber erklärt, die Autorenidentität zu kennen.

Der Beitrag bestätigt, dass es im Weißen Haus »Widerstand« gegen diesen Präsidenten gibt, und der Autor oder die Autorin sieht sich als Teil davon. Das Ganze gehe aber nicht von links aus. Es seien vielmehr konservative Berater Trumps, »die Erwachsenen im Raum«, die versuchten, das Schlimmste zu verhindern und »Teile seiner Agenda zu entschärfen«. Die Regierung sei nicht wegen, sondern trotz seiner »impulsiven, konfliktträchtigen, kleinlichen und ineffektiven« Führung erfolgreich. Der Präsident, der Macht als Fähigkeit definiert, Furcht zu verbreiten, agiere so, dass »die Gesundheit unser Republik beeinträchtigt« werde. »Wir versuchen, das Richtige zu tun, auch wenn Donald Trump das nicht tut.« Viele in seinem Umfeld hätten geschworen, die »demokratischen Institutionen des Landes zu bewahren« und wollten »fehlgeleitete Impulse von Herrn Trump vereiteln, bis er aus dem Amt ist«. Besonders brisant: Im Kabinett habe man hinter vorgehaltener Hand auch über den 25. Zusatzartikel zur US-Verfassung gesprochen. Er erlaubt dem Vizepräsidenten, die Amtsgeschäfte zu übernehmen, sollte der Präsident unfähig sein, sie zu erfüllen. Doch niemand wollte eine Verfassungskrise riskieren - die doch schon da ist, wenn Teile der Exekutive gegen den demokratisch gewählten Staatschef agieren müssen.

Präsidentensprecherin Sarah Huckabee Sanders beschimpfte den Autor als »Feigling« und verlangte von der »New York Times«, sich für diese Beichte der Verzweiflung zu entschuldigen. Sie belegt wie diverse Informanten, die das FBI unter früheren Vertrauten Trumps gefunden hat, dass seine Macht bröckelt. Auch vor diesem Hintergrund will die Regierung nun einen manipulativen Umgang sozialer Medien mit politischen Inhalten untersuchen. Das Justizministerium werde dem Verdacht nachgehen, dass Onlinenetzwerke gezielt »den freien Austausch von Ideen ersticken«. Der Präsident hat die Richtung vorgegeben: »Google und Twitter und Facebook - sie müssen sehr auf der Hut sein.« Twitter-Chef Jack Dorsey hat sich jetzt in einer Botschaft an den Kongress energisch gegen diesen Verdacht gewehrt.

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