»Faire Straße« im Nordosten gefordert

Erste Vorschläge für Reform der Straßenausbaubeiträge

  • Iris Leithold, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

In die Diskussion über die Zukunft der umstrittenen Straßenausbaubeiträge in Mecklenburg-Vorpommern kommt Bewegung. Der Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU, Dietger Wille, hat Ideen für eine Reform vorgelegt. »Durch die technische Entwicklung kann eine Straße heute viel mehr als noch vor Jahren kosten«, sagte er. »Insofern ist es der richtige Zeitpunkt, das Gesetz einer Überprüfung zu unterziehen.« Auch Fälle übermäßiger Belastung sprächen dafür.

Der Finanzdezernent des Landkreises Vorpommern-Greifswald betonte jedoch, dass er gegen eine Abschaffung des von Eigentümern zu tragenden Ausbaubeitrags ist - was etwa die Freien Wähler und die LINKE fordern. »Die Ausbaubeiträge sorgen für maßvolle Projekte und sind für die Finanzierung der kommunalen Infrastruktur wichtig«, sagte Wille. Besondere Härten sollten jedoch abgefedert werden - etwa durch eine Kostenobergrenze abhängig vom Wert des Grundstücks. »So wäre es denkbar, die Kostenbeteiligung auf zehn Prozent des Wertes des unbebauten Grundstückes zu begrenzen.« Verkehrszählungen könnten als Grundlage für die Kostenbeteiligung herangezogen werden. »Je mehr Fahrzeuge die Straße befahren, umso weniger dürfte der Anteil betragen. Somit könnte man die zum Teil tatsächlich aufgetretenen Ungerechtigkeiten durch die falsche Einstufung von Straßen verhindern.«

Damit Hauseigentümer nicht auf einen Schlag eine große Summe aufbringen müssen, schlug Wille vor, den Ausbaubeitrag zusammen mit der Grundsteuer einzuziehen und über längere Zeit in Raten aufzuteilen. »So wäre eine Aufteilung auf 25 Jahre mit zwei Zahlungsterminen pro Jahr möglich.« Dies ergäbe bei einem fiktiven Ausbaubeitrag von 10 000 Euro eine Rate von 200 Euro, die zweimal im Jahr zu zahlen wäre, sagte er. »Damit würden Betroffene, die keine größeren Beträge oder Einkommen verfügbar haben, vor unzumutbaren finanziellen Notlagen besser geschützt.«

Auch das bestehende Recht biete Möglichkeiten, eine übermäßige Inanspruchnahme von Anliegern auszuschließen. So haben die Gemeinden laut Wille einen Beurteilungsspielraum bei der Festlegung des Anliegeranteils nach der Straßenkategorie (Anlieger-, Innerorts- und Hauptverkehrsstraße). Bei Sackgassen, wo von reinem Anliegerverkehr ausgegangen wird, könnten bis 90 Prozent der Kosten auf die Anlieger umgelegt werden. »Bei normalen Anliegerstraßen zwischen 55 und 75 Prozent, bei Hauptverkehrsstraßen zwischen 15 und 25 Prozent.«

Auch bei den Baukosten gebe es Möglichkeiten zur Entlastung. »Hier ist eine Reduzierung auf das Notwendige entscheidend«, sagte Wille. Wenn das Verkehrsaufkommen es zulasse, könne so auf einen gesonderten Gehweg verzichtet werden. Auch könnten Straßenbreiten oder die Gestaltung der Nebenanlagen beeinflusst werden. Bei großen landwirtschaftlichen Grundstücken könne eine Einzelfallsatzung Ungerechtigkeiten bei den Beiträgen reduzieren.

In Mecklenburg-Vorpommern wächst der Widerstand gegen Straßenausbaubeiträge, die für Grundstückseigentümer oft mehrere tausend, mitunter auch mehrere zehntausend Euro betragen. Für ihre Abschaffung hat die Initiative »Faire Straße« Anfang September 44 000 Unterschriften im Landtag übergeben. Die Volksinitiative schlägt vor, den Straßenbau aus Steuermitteln zu finanzieren - wie es bei Bundes- und Landesstraßen auch der Fall ist. Die SPD/CDU-Koalition hatte angekündigt, im Herbst Reformvorschläge vorlegen zu wollen. dpa/nd

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