Von Orchideen und Käfern

  • Helmut Höge
  • Lesedauer: 3 Min.

Seitdem das Damoklesschwert der Schließung nicht mehr direkt über dem Botanischen Garten hängt, erschließt er sich ständig neue Finanzierungsmöglichkeiten: Schreckliche exotische Nächte im Dschungelgewächshaus, Hochzeitsfeiern, Halloween, »Christmas Garden«, Kakteentage, einen eigenen Geschenkeshop... and more. Aber auch mit der Einbeziehung von immer mehr Hobbygärtnern - z.B. als Anbieter von Stauden, Kakteen, und fleischfressenden Pflanzen mit eigenem Verkaufsstand.

Kürzlich zeigte man eine »Orchideen-Show«, nach dem Motto: »Wir lieben Orchideen. Sie auch? Dann sprechen Sie uns an«. Die Züchter und Sprecher der Deutschen sowie auch der Polnischen Orchideen Gesellschaft und der Fachgesellschaft Andere Sukkulanten in der Deutschen Kakteen Gesellschaft nahmen sich viel Zeit, um mich anzusprechen. Und mir das schwierige Geschäft mit diesen komplizierten Pflanzen zu erklären.

Es gibt mittlerweile ganze »Orchideen-Industrien«, die die Super- und Baumärkte beliefern. Und das geht so: Man nimmt einen bestimmtes Teil eines Orchideenstengels und macht daraus tausende von Zellen, aus denen neue Pflanzen gezogen werden. Hybridsorten züchtet man, indem die Pollen einer Art auf den Stempel einer anderen übertragen werden. Bis heute gibt es etwa 30 000 Hybridarten. Sie werden immer billiger, aber man habe keine rechte Freude an ihnen, sagen die Züchter.

Man machte mich auf winzige Orchideen aus Südamerika aufmerksam, sie hingen an einer Drahtwand und waren auf Korkstücke von der Größe einer Zigarettenschachtel festgebunden. Für die ständig neugezüchteten Hybride wird offiziell keine wild wachsende Orchidee mehr »der Natur entnommen«, wie es heißt. Das Biosphärenreservat Rhön beschäftigt zu ihrem Schutz sogar einen Orchideenwart.

An einem Stand präsentierte ein Züchter fleischfressende Sonnentaupflanzen. Sie stammten aus Südamerika, Südostasien und Australien. Die Venusfliegenfallen hatte ich mir größer vorgestellt, vor allem die Kannen der Kannenpflanzen. Doch keine wurde von ihm gefüttert. »Sie müssen nicht unbedingt Fleisch haben«, sagte er. Im Übrigen sei das mehr eine Liebhaberei als ein Geschäft.

Am nächsten Tag besuchte ich die Naturschutzstation Marienfelde, wo man den Mitgliedern des Entomologenvereins »Orion« das Schmetterlingshaus zeigte. Das gibt es jetzt seit einem Jahr. Einige tausend Tagfalter konnten schon in die Freiheit des 100-Hektar-Geländes entlassen werden: »Vom Kleinen Fuchs allein 1500«.

Und dann erzählte der Gärtner Jürgen Gienskey, Orion-Mitglied seit fast 60 Jahren, etwas über »Meligethes und ihre Brutpflanzen« - dazu zeigte er Fotos aus seinem Garten. Bei Meligethes handelt es sich um die sehr artenreiche Gattung der Glanzkäfer, konkret war dabei u.a. vom Rapsglanzkäfer die Rede, der für die Rapsanbauer zu einem Problem werden kann. Der nur wenige Millimeter große Käfer geht zwar auch auf andere Blüten - sie müssen aber gelb sein. Wenn ich das richtig verstanden habe, geht er auch auf die »Gemeine Ochsenzunge«. Der Orion-Vorsitzende erklärte dazu: Diese Pflanze gibt es in Berlin nur noch an einem Standort: am Brandenburger Tor komischerweise.

Übrigens besitzt die Naturschutzstation Marienfelde neben Bienen auch einen wilden Eber und ein paar Schafe, deren kämpferischer Bock schon manchen Graffitisprayer auf frischer Tat weggestoßen hat.

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