• Politik
  • Europäische Arbeitslosenversicherung

Wenn die EU das Backup-Arbeitslosengeld anbietet

Bundesfinanzminister Olaf Scholz legt einen Vorschlag für eine europäische Arbeitslosenversicherung vor - sie könnte im Krisenfall Länder unterstützen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einen konkreten Plan für eine EU-Arbeitslosenversicherung vorgelegt. Der Vizekanzler sieht eine bessere Absicherung bei Verlust des Arbeitsplatzes in Krisenzeiten als essenziell an, um den weiteren Aufstieg von Rechtspopulisten zu stoppen. Der Fonds soll sich aus Beiträgen der Mitgliedsstaaten speisen, die sich an der Höhe der Wirtschaftskraft orientieren. Deutschland würde demnach am meisten einzahlen. Die Höhe wird in einem vertraulichen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, noch offengelassen. Als erstes hatte das »Handelsblatt« über den Vorschlag berichtet.

Der Vorstoß ist Teil einer deutsch-französischen Initiative für eine »Roadmap« zur Stabilisierung besonders der Euro-Zone. Der Europäische »Arbeitslosen-Stabilisierungs-Fonds« (EUSF) soll in Zeiten tiefer Einbrüche die nationalen Versicherungssysteme für Arbeitslose unterstützen: Diese könnten sich bei dem EUSF Geld leihen, um keine Leistungen zulasten der Bürger kürzen zu müssen. Voraussetzung für eine Teilnahme soll demnach auch sein, dass die betreffenden Staaten selbst über eine funktionierende Arbeitslosenversicherung verfügen.

Ob ein Krisenfall mit einem Anzapfen des EUSF vorliegt, sollen die Mitgliedsstaaten nach einer Empfehlung der EU-Kommission entscheiden. Ein Kriterium könnte sein, dass die Arbeitslosenquote binnen kurzer Zeit um zwei Prozentpunkte gestiegen ist und damit die entsprechenden Ausgaben steigen - Geld, das an anderer Stelle zur Bekämpfung der Krise, etwa Konjunkturpakete, fehlen könnte. Es gehe auch darum, »die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten zu stärken«, wird in dem Papier betont. Zudem wird angestrebt, die Arbeitslosenversicherungssysteme stärker zu harmonisieren.

Unterstützung für den Vorstoß kommt von den Grünen. »Die europäische Arbeitslosenrückversicherung ist eine sinnvolle Idee, denn sie könnte die Eurozone nicht nur stabilisieren, sondern auch sozialer machen«, erklärte Vizefraktionschefin Anja Hajduk. Auch Scholz' Parteikollege Achim Post signalisierte Zustimmung zum EU-Fonds: »Dabei geht es ausdrücklich nicht um dauerhafte Transfers, sondern um vorübergehende Kredite in schweren Schockphasen, die wieder zurückgezahlt werden müssten.«

Auch der Grünen-Finanzexperte und Europaabgeordnete Sven Kindler erklärte: »Der Verstoß von Olaf Scholz für ine europäische Arbeitslosenversicherung geht in die richtige Richtung. Das würde Europa stabiler und sozialer machen«. Die Union solle den Vorschlag nicht aus »Ideologie und nationaler Borniertheit« blockieren.

»Herr Scholz findet dafür keine Mehrheit im Deutschen Bundestag«, betonte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg. Regierungssprecher Steffen Seibert räumte ein, bei der Diskussion zwischen den Ministerien seien »grundsätzliche Fragen« zu dem Scholz-Papier aufgetaucht. »Eine abgestimmte Position der Bundesregierung dazu gibt es nicht.« Die EU habe bereits eine »Vielzahl von Geldtöpfen, um Mitgliedstaaten in Notsituationen unterstützen«, erklärte Rehberg.

Auch Oliver Zander vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnte vor unkalkulierbaren Zusatzlasten für Deutschland. Zudem löse das Vorhaben nicht die bestehenden Strukturprobleme im Süden Europas. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal