Seehofer will Parteivorsitz abgeben

Bayerischer Ministerpräsident Söder aussichtsreicher Kandidat auf Nachfolge / Grüne fordern sofortigen Rücktritt als Bundesinnenminister

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München. CSU-Chef Horst Seehofer will im kommenden Jahr vom Parteivorsitz und als Bundesinnenminister zurücktreten. Einen Monat nach den herben Stimmverlusten für die Christsozialen bei der Landtagswahl in Bayern kündigte Seehofer am Sonntag bei einem Treffen der engsten Parteiführung seinen Rückzug von beiden Ämtern an, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Parteikreisen erfuhr. »2019 wird das Jahr der Erneuerung für die CSU«, sagte er laut Teilnehmern.

Einen genauen Zeitplan für seinen Rückzug ließ Seehofer allerdings offen. Erwartet werde laut Teilnehmern des Treffens, dass er für Januar, spätestens für Februar, einen Sonderparteitag zur Neuwahl des Parteichefs einberuft. Zuvor hatten CSU-Vertreter solch einen Parteitag bereits für Dezember verlangt. Der Spitzenrunde zufolge gab es bei dem Treffen großen Druck auf Seehofer, sich zu seiner Zukunft zu erklären. Er wollte dies demnach zunächst nicht und verwies auf seine für die Zeit nach der Bildung des bayerischen Kabinetts angekündigte persönliche Erklärung.

Unklar ist auch, zu welchem Zeitpunkt er sich als Bundesinnenminister zurückziehen will. Den Teilnehmern zufolge machte Seehofer hier keine direkten Angaben. Er sagte demnach, solche Ämter seien ohne Parteivorsitz nicht lange zu halten - dies werde auch Bundeskanzlerin Angela Merkel noch merken. Merkel will als CDU-Chefin im Dezember abtreten, aber bis Ende der Legislaturperiode 2021 Bundeskanzlerin bleiben.

Seehofer wird parteiintern für die massiven CSU-Verluste bei der Landtagswahl am 14. Oktober verantwortlich gemacht. Bei dem Urnengang erhielten die Christsozialen 37,2 Prozent. Angelastet wird ihm unter anderem der massive Streit mit der Schwesterpartei CDU über die Flüchtlingspolitik im Frühjahr und seine schnell wieder zurückgezogene Rücktrittsandrohung Anfang Juli. Nach dem Streit und dieser Androhung waren die Umfragewerte der CSU abgefallen.

Nach Bekanntwerden der Rückzugspläne rief Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt Seehofer zum sofortigen Rücktritt als Bundesinnenminister auf. »Wenn es um die Innere Sicherheit in unserem Land geht, darf es keine weitere Hängepartie geben«, sagte sie dem »Tagesspiegel«. »Jeder Tag, den Horst Seehofer weiter Innenminister bleibt, ist ein Tag zu viel.« Grünen-Chef Robert Habeck hat dem CSU-Politiker indes die Befähigung zum Minister abgesprochen. »Ich halte Seehofer für den Falschen auf dem Posten des Innenministers, das hat er hinlänglich bewiesen über das letzte halbe Jahr«, so Habeck am Montag dem RBB-Sender Radioeins. Gebraucht werde ein Innenminister, »der ein klares rechtsstaatliches Verhältnis und Verständnis hat und nicht den Staat parteipolitisch interpretiert«.

Als aussichtsreichster Nachfolge-Kandidat für den CSU-Chefposten gilt inzwischen der alte und neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Der 51-Jährige würde Seehofer dann schon zum zweiten Mal beerben, nachdem er im März schon den Posten des bayerischen Regierungschefs von ihm übernommen hatte. Eine mögliche Nachfolge-Lösung für das Innenministerium ist noch offen. Agenturen/nd

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