Das Ostkreuz ist endlich fertig

Der lange überfällige Umbau des Bahnknotenpunkts dauerte zwölf Jahre

Am zuletzt fertiggestellten Regionalbahnsteig auf dem Berliner Ostkreuz waren am Freitag noch Restarbeiten zu erledigen. Es standen noch Gerüste, auf denen Bauarbeiter werkelten. Kollegen liefen mit allerlei Gerätschaften emsig hin und her oder spritzten mit einem Wasserschlauch den Dreck von den Treppenstufen der Aufgänge. Noch waren diese Aufgänge mit Bauzäunen und Absperrband gesichert. Am Sonntag wurde der Bahnsteig dann pünktlich zum Fahrplanwechsel in Betrieb genommen. Damit endete offiziell der 500 Millionen Euro teure Umbau der altehrwürdigen Station der Berliner S-Bahn zu einem Bahnhof, an dem nun auch Regionalzüge halten.

Vor zwölf Jahren starteten die Baumaßnahmen an dem extrem wichtigen Knotenpunkt. Es dauerte nicht zuletzt auch deshalb so lange, weil »nicht auf der grünen Wiese, sondern unter dem rollenden Rad« gebaut wurde, wie Bahnchef Rüdiger Lutz es formuliert. Das sei bei einem Bahnhof, der mit täglich 1500 Zughalten die Nummer eins in Deutschland sei, für die Bauleute eine »Herkulesaufgabe« gewesen. Für die Fahrgäste bedeutete die lange Wartezeit bis zur Vollendung des Projekts nach den Worten von Lutz eine »Durststrecke«. Doch das Warten habe sich gelohnt.

Jetzt fahren mehr Züge. Sieben S-Bahn- und acht Regionalbahnlinien sind am Ostkreuz miteinander verknüpft. Senatskanzleichef Christian Gaebler (SPD) lobt, nach Jahren der Einschränkungen gebe es nun »sehr gute Umsteigemöglichkeiten mit kurzen Wegen und vor allem barrierefrei«. Ines Jesse (SPD), Staatssekretärin im Potsdamer Infrastrukturministerium, fügt hinzu, das Ostkreuz sei auch zu einem »attraktiven Umsteigepunkt« für Pendler aus Brandenburg geworden. »Die Geduld vieler Fahrgäste wurde strapaziert«, sagt die Landtagsabgeordnete Anita Tack (LINKE). Sie glaubt aber: »Mit dem neuen Fahrplan werden sie die Verbesserungen spüren.«

Früher schon sind am Ostkreuz mehr Menschen umgestiegen als nur ein oder aus. Beim Umsteigen stören inzwischen ein wenig die vielen auf dem Ringbahnsteig platzierten Verkaufsbuden, weniger stört das Schnellrestaurant, weil es am Rande platziert ist. Der Kommerz versperrt leider die Sicht und erschwert die Orientierung erheblich. Er erlaubt es andererseits, auf dem Weg zur Arbeit noch schnell einen Kaffee zu trinken oder eine Zeitung zu kaufen - wenn sich zum Beispiel mal wieder ein Zug verspätet. Wegen erhöhter Kapazitäten verspricht die Deutsche Bahn immerhin mehr Pünktlichkeit. Doch auch am Freitag leuchtete an einem Richtungsanzeiger die Auskunft: »Zug fällt aus!«

Die Station besteht bereits seit 1882. Die Baumaßnahmen waren überfällig. Schon die Reichsbahn hatte dies eingesehen und wollte 1990 loslegen. Die Wende kam dazwischen. Das gerne »Rostkreuz« genannte Bauwerk wurde zunehmend baufällig, es kursierte das Bonmot, es stehe nur noch aus Gewohnheit.

Einige wenige Relikte überlebten den Ersatzneubau. So wurde der Wasserturm von 1912 bewahrt und die Aufsichtshäuschen auf den Bahnsteigen D und E verschwanden nur zeitweise und wurden wiederhergestellt. Komplett fertig ist das neue Ostkreuz allerdings noch nicht. Gemacht werden müssen noch die Vorplätze. Dazu gehört der Wiederaufbau des historischen Empfangsgebäudes am Ausgang Sonntagsstraße. Auch soll die Straßenbahn, die bisher an der Boxhagener Straße einen Bogen um das Ostkreuz macht, verlegt und dabei an den Bahnhof herangeführt werden.

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