Räumungklage gegen Potse

Bezirk stellt Antrag bei Gericht / Suche nach Alternativen läuft trotzdem weiter

  • Anna Schulze
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Schöneberger Jugendzentren Potse und Drugstore haben weiterhin mit ihrer Verdrängung zu kämpfen: Während das Drugstore seit der Kündigung ihrer Räumlichkeiten Ende letzten Jahres auf der Straße sitzt und nur verstreut Unterschlupf bei anderen Projekten des Trägervereins SSB e.V. gefunden hat, harrt die Potse weiter in der Potsdamer Straße 180 aus. Eine Räumungsklage soll die Situation nun auflösen.

Ende Februar wurde die Klage bei der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg angekündigt, am Montag hat der Bezirk nach Prüfungen den Antrag bei Gericht gestellt, teilt Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) auf nd-Anfrage mit. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit dafür betrage sechs Monate. Die Suche nach einer passenden Alternative laufe aber trotzdem weiter. »Ich will sie nicht räumen lassen. Am liebsten würde ich ihnen eine akzeptable Alternative anbieten.« Man prüfe weiter mögliche Räume und stehe in Kontakt mit den Kollektiven.

Zum vergangenen Jahreswechsel endete das Mietverhältnis für die von den Jugendzentren genutzten Räume in der Potsdamer Straße. Das Ende des Nutzungsvertrages mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg kam nicht überraschend. Bereits im Vorfeld gab es Abmahnungen und Mietsteigerungen von wechselnden Eigentümern. »In drei Jahren wurde die Miete um zehn Euro pro Quadratmeter erhöht«, sagt Domi vom Drugstore-Kollektiv kopfschüttelnd. Alternativen wurden trotz des frühzeitig bekannten Problems nicht rechtzeitig gefunden.

»Unsere Stimmung ist kämpferisch«, gibt Paul vom Potse-Kollektiv zu verstehen, »aber die Angst sitzt uns im Nacken«, ergänzt Domi. Die beiden jungen Menschen, die ihre Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen wollen, engagieren sich seit vielen Jahren in den Einrichtungen und setzen sich für deren Erhalt ein. Seit der großen Öffentlichkeit ist die Zahl der Aktivist*innen und Jugendlichen nach Angaben der Kollektive stark gewachsen. Die Jugendarbeit wird aktuell im begrenzten Umfang in der Potse fortgesetzt

In der langen Geschichte der beiden Jugendzentren haben sich hier nicht nur beliebte Freizeitmöglichkeiten wie kostenlose Konzerte etabliert, es sind auch wichtige Anlaufstellen für Problemjugendliche geworden. »Wir sind deren Bezugspunkt. Sie haben hier einen sicheren Raum und sind in ihrer Freizeit geschützt«, erklärt Paul. Man habe so ehrenamtlich schon vielen Jugendlichen helfen können, erzählen die beiden Kollektiv-Mitglieder. »Es wird immer betont, wie wichtig wir sind, aber Räume bekommen wir trotzdem nicht«, kritisiert Paul. Oftmals liege das an den Eigentümern, versichert Domi: »Wir haben uns verschiedene Optionen angesehen und haben immer gesagt, dass wir alles nehmen. Aber die wollen uns nicht.«

Eine Übergangslösung könnte nur wenige Minuten Fußweg von den alten Räumen gefunden sein. Aktuell befindet sich das Drugstore mit dem Bezirk in Verhandlungen um Nutzungsverträge für die ehemalige Postbank in der Potsdamer Straße 134-136. Eine langfristige Lösung ist das jedoch nicht, da die Größe der Büros und die benachbarten Wohneinheiten die Aktivitäten der Jugendzentren enorm einschränken würden. Die Jugendlichen wollen daher einen Nutzungsvertrag inklusive der benachbarten Hausnummer 140 erwirken. Dort wären lärmintensive Veranstaltungen möglich - allerdings wurde bei dem landeseigenen Gebäude Eigenbedarf für die Expansion des Finanzamtes angemeldet. Weitere Lösungen könnten noch der Hochbunker Pallasstraße oder Räume auf dem Tempelhofer Feld sein, aber auch hier gibt es bauliche Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten auf politischer Ebene.

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