Irgendwie identitär und ganz schön hässlich

Rechter Modemacher Kai Laubach arbeitet für die AfD-Landtagsfraktion und darf in Brandenburg nicht in den Landeswahlausschuss

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

»Deutsches Gewand« heißt sein Modelabel. Angeboten werden T-Shirts, auf denen einfach nur »Volk« steht oder »Reconquista«, und im Impressum des Onlineshops ist Kai Laubach mit einer Berliner Adresse vermerkt. In Brandenburg arbeitet Laubach für die AfD-Landtagsfraktion. Die wollte ihn zum stellvertretenden Mitglied im Landeswahlausschuss machen. Dieser Ausschuss entscheidet beispielsweise, ob eine Partei fristgerecht alle Unterlagen eingereicht hat. Das Präsidium des Landtags ist mit dem Personalvorschlag nicht einverstanden. Es entsandte am Mittwoch zwar einen AfD-Kandidaten in den Landeswahlausschuss, nicht aber Laubach als dessen Stellvertreter. Begründet wird das mit Laubachs Nähe zur Identitären Bewegung (IB).

Laubach sei »aus rein ideologischen Gründen« abgelehnt worden, beschwerte sich AfD-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Galau. Dabei habe der in einem Brief klargestellt, dass er nicht Mitglied der Identitären Bewegung sei.

»Die AfD hat nicht glaubhaft dargelegt, dass es keine Zusammenarbeit mit der Identitären Bewegung mehr gibt«, erläuterte Linksfraktionsgeschäftsführer Thomas Domres. »Ich gehe davon aus, dass weiterhin eine Zusammenarbeit besteht.« So jemand sei nicht geeignet, an der Steuerung demokratischer Prozesse beteiligt zu werden.

Was ist die Identitäre Bewegung, die im Verfassungsschutzbericht 2017 als Verdachtsfall unter der Rubrik Rechtsextremismus auftauchte? Sie bildete sich 2003 in Frankreich und fand Anhänger zum Beispiel auch in Österreich und Deutschland. Bei der IB spielt der Begriff der »Reconquista« eine wichtige Rolle. Historisch wird damit die Rückeroberung des von den muslimischen Mauren besiedelten Südens der iberischen Halbinsel durch katholische Ritter aus dem Norden bezeichnet. Die Mauren brachten eine Hochkultur nach Spanien. Der Errungenschaften zertraten die Katholiken im Mittelalter, wobei sie sich Streitigkeiten in der arabischen Welt zunutze machten. Wie bei Kreuzzügen üblich, waren religiöse Differenzen vorgeschoben. Es ging um die nackte Macht. Doch so genau nimmt es die IB nicht. Ihr genügt, dass es damals irgendwie gegen den Islam ging.

»Es gibt in unserer Fraktion keine Mitglieder irgendwelcher extremistischen Vereinigungen«, beteuerte AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz am Dienstag. »Selbstverständlich hat Herr Laubach - unbenommen, was er früher gemacht hat - keine Nähe zur ›Identitären Bewegung‹, sonst würde er nicht in der Fraktion arbeiten.«

Dagegen sah Linksfraktionschef Ralf Christoffers eine »sehr enge Verbindung« mit der IB. Er hält Laubach für »nicht tragbar«. Auch SPD-Fraktionsgeschäfsführer Björn Lüttmann meinte, dass jemand, der dieser Bewegung nahe stehe, nicht in den Wahlausschuss gehöre. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. »Ich habe da massive Vorbehalte«, sagte sie.

»Die Identitären sind ein eindeutig rechtsextremer, ein neofaschistischer Zusammenhang«, urteilt Christoph Schulze, Rechtsextremismusexperte vom Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrum. Ob jemand als Identitärer gelten könne, sei nicht nur am Nachweis einer formellen Mitgliedschaft festzumachen. Die Identitären reklamierten schließlich selbst für sich, dass sie nicht nur eine Organisation, sondern eine »Bewegung« seien. Viel stärker falle ins Gewicht, ob Personen sich inhaltlich, rhetorisch und bei ihren politischen Aktivitäten zu diesem Milieu bekannt haben. Dies sei bei Kai Laubach genauso der Fall wie bei Paul Meyer oder Franz Dusatko, die ebenfalls für die AfD-Landtagsfraktion tätig seien. Meyer habe an internen Treffen der Identitären teilgenommen, die Organisation warb im Internet mit seinem Foto. Franz Dusatko habe bei einer Blockade der CDU-Parteizentrale durch die Identitäre Bewegung mit dabei gesessen. »Dichtere Anhaltspunkte kann es wohl nicht geben«, meint Schulze. In die Reihe der Identitären im brandenburgischen Landtag gehöre als früherer AfD-Mitarbeiter auch Jean-Pascal Hohm, dem der Verfassungsschutz entsprechende Aktivitäten bescheinigt habe.

Das Modelabel »Deutsches Gewand« ist »der Schönheit der Deutschen gewidmet«. Aber bei Facebook stehen unter dieser Überschrift lauter hässliche Sachen wie »niemand versteht den kulturellen Selbstmord, den die linksgrünen Nationalmasochisten und Gutmenschentrottel für Deutschland herbeiführen«. mit dpa

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -