Großes Theater

Ulrike Henning über eine noch nicht zu Ende gedachte Impfpflicht

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.

Bei der Beobachtung deutscher Medien und einer ganzen Reihe von Politikern könnte man den Eindruck bekommen, dass die Infektionskrankheit Masern eines der gravierendsten Gesundheitsprobleme des Landes ist. Und die Einführung einer Impfpflicht wäre demnach eine wahrhaft kopernikanische Wende in der angewandten Medizin. Die heldenhaften Verfechter haben aber noch nicht verraten, wie denn die Pflicht ausgestaltet werden soll. Nicht einmal über die Zielgruppe ist man sich einig: Nur Vorschulkinder oder auch Schulkinder?

Soll die Durchimpfungsrate tatsächlich an die 100 Prozent erreichen, müsste bei den Altersgruppen allerdings noch viel weiter gegangen werden. Das Problem bei den Masern-Erkrankungen sind nach Meinung der Kinder- und Jugendärzte nämlich vor allem junge Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden und noch keine oder nur eine Impfung haben - einfach, weil in ihrer Kindheit noch keine zweite vorgesehen war. Wie wären die nun zu erreichen? Wer sollte für sie die Erfüllung der Impfpflicht kontrollieren? Betriebsärzte? Gibt es nur äußerst selten.

Vielleicht sollte man sich einmal an den öffentlichen Gesundheitsdienst erinnern. Der ist zwar mit bundesweit etwa 2500 Ärzten personell nicht gerade gut ausgestattet, könnte aber an Erinnerungskampagnen mitwirken wie auch ganz einfach regelmäßig Nachimpfungstermine anbieten. Denn Impfungen werden schlicht oftmals einfach vergessen. Das senkt die Quoten deutlicher als die Kampagnen der aktuell allerorten dämonisierten Impfgegner.

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