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Schuften bis zum Tod

Niklas Franzen über die Rentenreform in Brasilien

  • Niklas Franzen
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Ende flossen sogar Freudentränen, als der sichtlich gerührte Präsident der brasilianischen Abgeordnetenkammer, Rodrigo Maia, am Mittwochabend das Ergebnis verkündete: Mit großer Mehrheit stimmte sein Haus für eine Verfassungsänderung, durch die das Rentensystem »reformiert« werden soll. Die Reform gilt als wichtigstes Projekt der neuen Regierung. Einige Analyst*innen bezeichnen sie sogar als Überlebenstest für den rechtsradikalen Präsident Jair Bolsonaro.

Stimmt das Unterhaus ein weiteres Mal zu und kommt es zu der notwendigen Drei-Fünftel-Mehrheit im Senat, dann träte sie in Kraft. Die Regierung verspricht sich durch eine Erhöhung des Renteneinstiegsalters und der Mindestbeitragszeiten eine Wiederbelebung der kriselnden Wirtschaft und Einsparungen in Milliardenhöhe.

Es steht außer Frage, dass es Änderungsbedarf gibt. Doch diese Reform hätte für die arme Bevölkerung verheerende Auswirkungen. Viele Brasilianer*innen müssten buchstäblich bis zum Tod arbeiten. Die grundlegende Umstrukturierung ist fatal: Weg mit dem Umlagesystem, bei dem Lohnarbeiter*innen Rentner*innen finanzieren, hin zu einem privat finanzierten Modell. Die neoliberale Devise: Jede*r für sich. Die Reform wird maßgeblich von Finanzminister Paulo Guedes vorangetrieben, der bereits für Chiles Militärdiktatur arbeitete. Dort zerstörte Diktator Augusto Pinochet die staatliche Rentenversicherung durch Privatisierung – mit verheerenden Auswirkungen auf die Altersarmut. Heute ist Chile das Land mit der höchsten Suizidrate von Rentner*innen in Lateinamerika.

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