Britain-Trump und US-Johnson

Die Ähnlichkeit zwischen Boris Johnson und Donald Trump ist wirklich frappierend

Die Anzahl der Blondinenwitze, welche die Redakteurinnen und Redakteure von nd.DieWoche spontan erzählen können, liegt bei null, immerhin. Aber die Versuchung war groß, sich auf dieses Niveau zu begeben, gäbe es denn ein männliches Pendant zur Blondine. Stattdessen erfreute man sich dieser Tage an lustigen Bildern, die im Internet kursieren. Und da stehen sie, in himmelblauen Kleidchen mit weißen Schleifen und weißen Kniestrümpfen, in dem Gang mit der scheußlichen Tapete: der neue britische Premierminister und der Präsident der USA als die kleinen Horrorzwillinge aus Stanley Kubrick’s »Shining« - bei Weitem blonder als die Originale und in jederlei Hinsicht furchterregender.

Die Ähnlichkeit zwischen Boris Johnson und Donald Trump ist aber auch wirklich frappierend. Auf Fotos posieren die Blondschöpfe gern mit in die Höhe gereckten Daumen oder sonstigen kecken Gesten, stets einen trotzig-entschlossenen Zug um den Mund. Beide gelten als leichtfüßig und großmäulig, als undiplomatische Krawallschläger, vor denen kein Fettnäpfchen sicher ist. Beide sind so rechts wie unberechenbar. Während den einen heute schon nicht mehr interessiert, was er gestern getwittert hat, traut man dem anderen zu, dass er den Brexit, den er befördert und der ihn jetzt ins Amt gebracht hat, eigentlich für gar keine gute Idee hält. Viele Male der Lügen überführt, gelten ihre Versprechungen als leer, ihre Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Schon bald dürften sich die ersten Experten damit befassen, ob Egozentrik und Narzissmus bei Johnson ebenso krankhafte Züge tragen wie bei Trump. »Sie nennen ihn Britain-Trump«, behauptete das Original gebauchpinselt über den neuen Kollegen, lobte den »guten Mann« und schloss vor allem eines aus dem Geschehen in Großbritannien: »Die mögen mich da drüben.«

Das, was Trump und Johnson aber in erster Linie horrortauglich macht, ist, dass ihnen ihre Peinlichkeiten, Skandale, rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen nichts anhaben können. Und dass ihnen darin auch immer zahlreicher werdende (Möchtegern-)Regenten anderer Haarfarben in aller Welt ähneln. Eine Politik, deren Weitsicht am eigenen Tellerrand endet, scheint ebenso für höchste Ämter zu qualifizieren wie eine Diplomatie, die darauf abzielt, es sich möglichst mit allen zu verscherzen, die nicht haargenau so ticken wie man selbst. Humanitäre Grundsätze, Armut, Krieg und Klimawandel - was juckt mich das?

Man meint sich zu erinnern, dass einmal Affären um Briefbögen, Flugmeilen und Dienstwagen Politikern zumindest vorübergehend schaden konnten. Heutzutage scheint die Devise zu lauten: Wer sollte auf keinen Fall in dieses oder jenes Amt gelangen? - Den nehmen wir.

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