Erneute Demonstrationen für freie Wahlen

Über 1300 Festnahmen in Moskau / Wahlkommission hatte 57 Kandidaten ausgeschlossen

  • Felix Jaitner
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit 1373 Festnahmen, darunter mindestens 42 Minderjährige, endete die nicht genehmigte Kundgebung für freie Kommunalwahlen am Samstag in Moskau. Dies vermeldete die Nichtregierungsorganisation OWD-Info am Sonntag. Auch die Polizei sprach von über 1000 Festnahmen.

Unter dem Motto »Wir holen uns das Recht auf freie Wahlen zurück« waren nach offiziellen Angaben rund 3500 Menschen dem Protestaufruf gefolgt. Die Teilnehmer protestierten gegen die Entscheidung der Wahlkommission, insgesamt 57 oppositionelle Kandidaten wegen vermeintlicher Formfehler von den Kommunalwahlen am 8. September auszuschließen.

Die Einsatzkräfte gingen mit großer Härte gegen die Demonstranten vor und setzten auch Schlagstöcke ein. Es gab zahlreiche Verletzte. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte den »Einsatz exzessiver Gewalt« seitens der Polizei. Sie forderte die »unverzügliche Freilassung friedlicher Demonstranten«.

Medienberichten zufolge wurden bereits vor Beginn der Kundgebung Dutzende Teilnehmer abgeführt. Im Vorfeld hatte Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin die Demonstration als »Bedrohung für die Sicherheit« bezeichnet und ein entschlossenes Vorgehen der Polizei angekündigt. »Das alles führt zu nichts Gutem«, schrieb er über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Die liberalen Oppositionspolitiker Julia Galjamina, Dmitri Gudkow, Ilja Jaschin, Iwan Schdanow und Ljubow Sobol waren am Samstag Morgen vorläufig in Gewahrsam genommen worden, kamen aber am Abend wieder frei. Allerdings wurde Gudkow am Sonntag erneut festgenommen, berichtet OWD-Info. Sein Pressesprecher erklärte, Gudkow habe im Supermarkt Lebensmittel für die inhaftierten Demonstranten kaufen wollen.

Seit der umstrittenen Entscheidung der Wahlkommission gibt es in Moskau fast täglich Protestkundgebungen. Die größte mit insgesamt 20 000 Teilnehmern fand bisher am 20. August statt.

Die Stadtregierung um Bürgermeister Sobjanin reagiert auf die spontane Mobilisierung mit Repression. Die meisten Demonstrationen werden nicht genehmigt. Vergangenen Mittwoch hat ein Gericht den Anti-Korruptionsaktivist Alexej Nawalnyj zu 30 Tagen Arrest verurteilt. Ihm wird zu Last gelegt, zu unerlaubten Demonstrationen aufgerufen haben. Aufgrund einer allergischen Reaktion wurde er am Sonntag kurzfristig in ein Krankenhaus eingeliefert, Lebensgefahr bestehe jedoch nicht, so eine Sprecherin.

Vergangenen Freitag durchsuchten Polizisten zudem mehrere Wahlkampfbüros von Oppositionskandidaten unter dem Vorwand, sie würden die Arbeit der Wahlkommission behindern.

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