HDP-Politiker Demirtaş freigesprochen

Freispruch nicht gleichbedeutend mit Freilassung aus dem Gefängnis

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Berlin. Der frühere HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtaş ist in seinem Hauptverfahren in der Türkei freigesprochen worden. Das hat die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer gegenüber »neues deutschland« bestätigt. Schäfer hatte den Freispruch zuvor über den Kurznachrichtendienst Twitter öffentlich gemacht. Die Politikerin bezog sich bei ihrer Aussage auf eine kurdische Abgeordnete im nordrhein-westfälischen Landtag.

In dem Verfahren, das am Montag zur Verhandlung stand, drohten dem Politiker der pro-kurdischen HDP 142 Jahre Haft wegen der angeblichen Leitung einer Terrororganisation, Terrorpropaganda und Anstachelung zu Straftaten. Im November 2016 wurde Demirtaş verhaftet. Seitdem sitzt er in U-Haft.

Der Freispruch war »überfällig«, erklärte Schäfer auf Nachfrage von »nd«. Doch es wäre naiv anzunehmen, dass die Zeit der Willkür in der Türkei damit vorbei sei. »Erst kürzlich hat die türkische Regierung demokratisch gewählte Bürgermeister absetzen und Oppositionelle verprügeln lassen. Wir stehen solidarisch hinter den demokratischen Kräften in der Türkei.«

Demirtaş Freispruch von dem Gericht in Ankara ist jedoch nicht gleichbedeutend mit seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Er müsse wegen eines früheren Urteils zunächst weiter in Haft bleiben, hieß es. Demirtas war im vergangenen Dezember in einem anderen Prozess rechtskräftig zu vier Jahren und acht Monaten wegen »Terrorpropaganda« verurteilt worden.

Die Entscheidung von Montag erfolgte vor einer Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 18. September, bei der es um die Rechtmäßigkeit seiner Untersuchungshaft in dem Prozess in Sincan geht. Das Gericht in Straßburg hatte im vergangenen November die Türkei aufgefordert, die Untersuchungshaft umgehend zu beenden. Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte jedoch, die Türkei sei an das Urteil nicht gebunden. nd/Agenturen

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