Was das Museum in Beeskow hat und braucht

Regionalgeschichtliche Abteilung auf der Burg ist neu konzipiert und wird erheblich ausgeweitet

Die Sammlungen reichen heute von urgeschichtlichen Funden bis zu Transparenten aus dem Wendeherbst 1989. Am 12. Februar 1906 begann die Geschichte des regionalgeschichtlichen Museums in Beeskow mit einem Aufruf, Exponate bereitzustellen.

Im Laufe der Zeit lag dieses Museum, dass zunächst im Nordchor der Marienkirche eröffnet wurde, phasenweise für Jahrzehnte in einer Art Dornröschenschlaf. So auch in den vergangenen 20 Jahren. Jetzt soll es einen Neuanfang geben. Das Konzept, an dem Studenten der Kunsthochschule Berlin-Weißensee mitgearbeitet haben, liegt vor. Mit Fördermitteln der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Oder-Spree soll es nun umgesetzt werden. Am 4. Dezember 2020 will man fertig sein. Am Mittwoch wurde das Konzept noch einmal vorgestellt. Veit Kalinke, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Oder-Spree, übergab bei dieser Gelegenheit offiziell die Fördermittelzusage.

Die Anfänge des Museums hingen zusammen mit einem Besuch des preußischen Kronprinzen. Über die Zeit danach formuliert Professor Steffen Schuhmann von der Kunsthochschule Berlin-Weißensee locker: »Situation 1906 - Kronprinz ist weg, und sie haben ein Museum an der Backe, vergessen es erst einmal bis in die 1930er Jahre.« Dann wurde das Museum in die Burg Beeskow verlagert. Damals, in der Nazizeit, sollten die präsentierten Funde aus der Ur- und Frühzeit alle mit den Germanen zu tun haben, erzählt Schuhmann. Dass in der Gegend über Jahrhunderte hinweg slawische Stämme siedelten, wurde geflissentlich übergangen. Die Spuren der Slawen spielten dann erst wieder in der DDR eine Rolle. Für die Verhältnisse der 1960er Jahren sei das Museum sehr ambitioniert gestaltet gewesen, erläutert Schuhmann.

Nach der Wende drängte das Kunstarchiv auf der Burg Beeskow mit seiner einzigartigen Sammlung von DDR-Auftragskunst den regionalgeschichtlichen Teil in den Hintergrund. Dieser schmolz auf 40 Quadratmeter, die sich nur noch der Stadt Beeskow widmeten, weil für Darstellungen zum gesamten Landkreis dort kein Platz mehr war.

Künftig sollen vier große Räume und das Geschoss unterm Dach für das Regionalmuseum reserviert werden. Das Konzept entstand auf ungewöhnliche Weise. Unter dem Motto »wegen Inventur geöffnet« sichtete man die Bestände im Beisein interessierter Besucher. Außerdem wurden die Bürger der Stadt befragt. Dabei kam heraus, dass viele Einwohner das Museum zwar kennen, was Schuhmann auf der Habenseite verbucht, aber das letzte Mal vor 15 Jahren dort waren. Das sei auch nicht verwunderlich, weil seitdem nichts Neues präsentiert wurde. Ab 2021 soll sich ein Besuch mindestens einmal im Jahr lohnen. Denn statt einer Dauerausstellung soll es jedes Jahr eine neue Ausstellung geben. Die erste soll unter der Überschrift »Haben und Brauchen« laufen und sich anhand von Bodenreform, Treuhand und Existenzminimum mit Eigentumsfragen beschäftigen, wie Florentine Nadolni erläutert. Nadolni leitet in Personalunion das Dokumentationszentrum DDR-Alltagskultur in Eisenhüttenstadt und das Kunstarchiv Beeskow. Professor Schuhmann erklärt, dass unter den vorhandenen regionalgeschichtlichen Exponaten nichts Außergewöhnliches sei, nichts, das nicht auch anderswo zu besichtigen wäre. Gut präsentiert sei eine vergleichbare heimatgeschichtliche Sammlung mit Dingen wie Spinnrad und Tierpräparaten in Luckau. Dies müsse man hier nicht wiederholen, argumentiert Schuhmann.

Darum sollen in Beeskow nicht einfach nur Objekte gezeigt, sondern auch Geschichten der Menschen erzählt werden, sagt Burgdirektor Arnold Bischinger. Die Bürger des Kreises Oder-Spree sind aufgefordert, an künftigen Ausstellungen mitzuwirken. »Das Museum wird demokratisch«, heißt es dazu.

Zur Finanzierung des Neustarts sollen neben Sparkasse und Sparkassenstiftung auch der Landkreis, die Stadt und der Förderverein der Burg beitragen. Bischinger hat deswegen auch Kontakt zum brandenburgischen Kulturministerium gesucht und ist optimistisch, wenngleich bei dieser Stelle noch nichts spruchreif sei. Über die von der Sparkassenstiftung spendierte Summe wird wie üblich geschwiegen, um keine Begehrlichkeiten zu wecken. Allein in Brandenburg bezuschusste die Stiftung seit 1996 schon 538 Projekte mit insgesamt mehr als 20 Millionen Euro.

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