Rat und Tat zu Corona - was Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten müssen

Arbeitsrecht

  • Dr. Rolf Geffken
  • Lesedauer: 3 Min.

Kindesbetreuung und Arbeit

Ist die Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer wegen der Notwendigkeit der Betreuung eines Kindes »unmöglich« im Sinne des § 275 BGB?

Im Rechtssinne »unmöglich« ist sie ihm nicht. Es nützt aber auch nichts, sich auf diese Vorschrift zu berufen, weil der Arbeitnehmer nur von seiner Leistungspflicht frei wird, nicht aber etwa seinen Anspruch auf Lohn behält.

Was nützt die Regelung zur »vorübergehenden Verhinderung« an der Arbeitsleistung nach § 616 BGB?

Zunächst ist diese Vorschriftabdingbar, das heißt im Arbeitsvertrag kann diese Vorschrift ausgeschlossen werden. Zudem geht es nur um die Verhinderung der Arbeitsleistung »für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit«. Dies wird so interpretiert dass nur vorübergehend also für drei, maximal fünf Tage ein Lohnanspruch bestehen bleibt, im Übrigen aber der Betroffene sich um anderweitige Betreuung vergeblich bemüht haben muss.

Eine gesetzliche Neuregelung, die sich mit der massenhaft notwendigen Kindesbetreuung befasst ist geplant, aber noch nicht im Gesetzgebungsverfahren und erst Recht nicht in Kraft getreten.

Lohnausfall Annahmeverzug

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber wegen des Wegfalls von Aufträgen trotzdem zur Lohnzahlung verpflichtet ist (§ 615 BGB). Dies dürfte aber nicht bei einem dauerhaften Wegfall der Arbeit gelten. Liegt der Grund für den Ausfall weder in der Sphäre des Arbeitnehmers noch in der des Arbeitgebers wird das Risiko geteilt, das heißt, der Arbeitnehmer muss nach einer gewissen Zeit mit einer Reduzierung des Lohnanspruches dann sogar mit seinem Wegfall rechnen (Betriebsrisiko).

Der AG könnte aus betriebsbedingten Gründen kündigen. Der Arbeitnehmer wäre dann aber aus Arbeitslosengeld angewiesen.

Kurzarbeitergeld

Das muss der Arbeitgeber beantragen. Es kommt nur in Betracht wenn der Betrieb vorübergehend aus wirtschaftlichen Gründen nicht den Produktionsprozess vollständig aufrechterhalten kann. Der Arbeitnehmer erhält dann den anteiligen Lohnausfall durch die Bundesagentur ersetzt.

Der Arbeitgeber hat eine Ausschlussfrist von drei Monaten bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld zu beachten. Bislang mussten ein Drittel der Arbeitnehmer des Betriebes betroffen sein. Seit Corona wurde diese Schwelle auf 10 Prozent der Beschäftigten herabgesetzt.

Das Kurzarbeitergeld gilt aber für alle Betriebe ab einem Beschäftigten(allerdings nicht der gesetzliche Kündigungsschutz, der erst bei mehr als zehn Beschäftigten gilt).

Homeoffice

Es besteht kein genereller Anspruch auf Home-Working. Dies muss in Absprache mit dem Arbeitgeber erfolgen. Wird allerdings Home-Working angeordnet, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehmers. Selbstverständlich sind alle im Betrieb und nach Vertrag bestehenden Regelungen zu dem Thema zu beachten.

Die technischen Voraussetzungen für das Home-Office müssen vom Arbeitgeber geschaffen werden.

Krankschreibung und Quarantäne?

Bei Verdacht der Infektion erfolgt regelmäßig eine Krankschreibung. Der Lohn richtet sich nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz.

Im Fall der Quarantäneanordnung muss der Arbeitgeber den Lohn für sechs Wochen weiterzahlen (Die Behörde erstattet diesen dem Arbeitgeber nach § 56 Infektionsschutzgesetz).

Urlaubsanordnung

In jedem Falle unzulässig ist die einseitige »Anordnung« von Urlaub. Zum einen widerspricht das dem Erholungscharakter des Urlaubs und der Notwendigkeit, ihn grundsätzlich nicht stückweise zu gewähren, zum anderen führt dies dazu dass die Krise ausschließlich auf Kosten der Arbeitnehmer »gelöst« wird.

Im Falle geringfügiger Beschäftigung ist darauf zu achten, dass nicht einfach über (gar nicht vereinbarte) Arbeitszeitkonten versucht wird das Problem zu lösen. Auch das ist eine Lösung des Problems einseitig auf Kosten der Arbeitnehmer.

Unser Autor ist Anwalt für Arbeits- und Wirtschaftsrecht mit Kanzlei in Hamburg.

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