Retten, was zu retten ist

Die deutschen Basketballklubs gehen in der Krise unterschiedliche Wege, jetzt stehen die Bundesligisten vor einer gemeinsamen Entscheidung

  • Peer Lasse Korff und Uli Schember
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Klubs kämpfen um ihre Existenz, viele Stars sind längst ausgeflogen, und eine präzise Prognose der Krise ist noch immer nicht möglich - schwere Zeiten, in denen die Vertreter der Basketball Bundesliga (BBL) an diesem Mittwoch den nächsten Schritt festlegen. Auch ein vorzeitiger Saisonabbruch ist nicht ausgeschlossen. »Natürlich sind wir keine Traumtänzer, wir können Szenarien bewerten«, sagte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz: »Trotzdem gibt es das Ziel zu spielen, wenn es irgendwie geht.« Die Situation ist weiter enorm bedrohlich für die Liga, die vor zwei Wochen entschieden hatte, »bis auf Weiteres« mit dem Spielbetrieb auszusetzen.

Holz rechnet je nach Ausgang mit einem Schaden von bis zu 25 Millionen Euro - das ist eine riesige Summe angesichts eines Gesamtumsatzes von 145 Millionen. Es gilt zu retten, was zu retten ist. Und als Liga zusammenzubleiben. Alle jetzt verfügbaren Optionen bereiten den Verantwortlichen Schmerzen - ein Saisonabbruch, mit dem immer mehr Klubvertreter rechnen, wohl die größten. Die zunächst fast ausgeschlossenen Geisterspiele erscheinen dagegen mittlerweile als eine Art »Best-Case«. Dann könnten zumindest die Sponsoren und TV-Partner noch bedient werden.

Sollte die Saison fortgesetzt werden können, würde es in den Hallen wohl ein seltsames Bild geben. Ein Großteil der Profis aus den USA ist längst zu den Familien in die Heimat geflogen, nur wenige haben noch einen Vertrag und würden zurückkehren. Abgesehen von Brandon Thomas ist etwa kein Amerikaner mehr bei den Giessen 46ers - sechs Spieler sind weg. Auch in Göttingen, Hamburg, Vechta, Bonn, Braunschweig, Bayreuth oder Weißenfels hat längst die Abreisewelle eingesetzt. Allein das zeigt, dass die Vereine vor großen Herausforderungen stehen. So hat Rasta Vechta nach eigenen Angaben bereits in den »totalen Krisenmodus« geschaltet. »Jeder Cent muss nun zweimal umgedreht werden, damit wir in der Zukunft Jobs erhalten können«, sagte Klubboss Stefan Niemeyer.

Der Mitteldeutsche BC aus Weißenfels startete am Montag ein Crowdfunding. Die Baskets Bonn haben vier Spielerverträge aufgelöst und mit den übrigen Profis »mehrheitlich Kurzarbeit vereinbart«. Die Crailsheim Merlins stehen vor dem gleichen Schritt, sagte Geschäftsführer Martin Romig. »Wir können ja nicht den Laden zumachen.« Er glaubt trotz der Krise fest an das Fortbestehen der Merlins. Auch kommende Saison werde der Klub im Oberhaus spielen, »ob wir dann weiter die Cinderella-Story liefern können oder die arme Kirchenmaus sind, wird sich herausstellen.«

Crailsheim lag sensationell auf dem dritten Tabellenplatz, als der Spielbetrieb eingestellt wurde. Ob es in dieser Saison noch weitergeht, will Romig vor der Sitzung der Klubs an diesem Mittwoch nicht prognostizieren: »Alle Varianten sind möglich oder denkbar. Wir müssen als Liga entscheiden, in welche Richtung das geht.« In Crailsheim hat noch keine Spielerflucht begonnen. Romig will andere Wege gehen. »Jeder Standort hat mit eigenen Themen zu kämpfen. Es wird schon Gründe haben, warum woanders die Verträge so schnell aufgehoben oder aufgelöst werden.«

Für diese Praxis ernteten die Klubs Kritik von BBL-Chef Holz. »Wir hatten uns einstimmig auf eine Beschlusslage geeinigt, die Saison wieder aufzunehmen. Die Klubs haben nun im Alleingang Fakten geschaffen.« Er kann »aus persönlicher Sicht die Situation der Spieler verstehen«, fragt sich aber, warum sich die Klubs mit den Spielern nicht auf unbezahlten Urlaub verständigt hätten. SID/nd

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