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Behörden wussten von Amad A.

Staatsanwaltschaft hatte JVA Kleve informiert

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Fall des in der JVA Kleve verbrannten syrischen Flüchtlings Amad A. sind neue Hinweise bekannt geworden. Dies geht aus einem Dokument hervor, über das das Magazin »Westpol« jüngst berichtet hatte. Demnach war der Staatsanwaltschaft Braunschweig bereits drei Wochen nach der Festnahme von A. aufgefallen, dass dieser unschuldig im Gefängnis saß. Die Polizei gab später an, ihn mit einem Verdächtigen aus Mali verwechselt zu haben, den die Staatsanwaltschaft Hamburg zur Fahndung ausgeschrieben hatte.

Anfang Juli 2018 wurde der Flüchtling aus Nordsyrien nach einer angeblichen Belästigung in Geldern festgenommen. Ins Gefängnis kam er jedoch unter anderem wegen Diebstahldelikten, die der Verdächtige aus Mali begangen hatte. Mitte September brach in der Zelle von A. ein Feuer aus, zwei Wochen später verstarb er an den Verletzungen. Nicht nur für die Opposition im Landtag zeigten sich bei den Ermittlungen zahlreiche Widersprüche und offene Fragen.

Laut den neuen Erkenntnissen hätte A. dabei nicht sterben müssen. Die Staatsanwältin in Braunschweig hatte drei Wochen nach der Verhaftung sogar extra mit einem Beamten der Polizei Kleve telefoniert. Und kurz danach festgestellt, dass beide Personen anhand der Fotos »nicht identisch« seien. Diesen Fakt hatte die Staatsanwältin extra unterstrichen.

Bereits Ende November hatten Abgeordnete im parlamentarischen Untersuchungsausschuss den zuständigen Polizisten aus Kleve befragt. Das Telefonat mit der Staatsanwältin hatte dieser jedoch mit keinem Wort erwähnt. »Warum ist keine Handlung daraus entstanden? Das versteht man nicht«, kritisierte Stefan Engstfeld (Grüne). Die SPD hat mittlerweile den Generalstaatsanwalt in Düsseldorf informiert. Die Opposition erwartet, dass in der Sache auch strafrechtlich ermittelt wird.

Die Staatsanwaltschaft Kleve hatte im Fall Amad A. gegen mehrere Beamte wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. Dabei habe man »Fehler« gefunden, aber kein vorsätzliches Fehlverhalten. Die Ermittlungen wurden im November eingestellt, was zu Kritik von antirassistischen Verbänden geführt hatte. Die Eltern des Geflüchteten haben gegen die Einstellung der Ermittlungen Beschwerde eingelegt.

Eine Datenforensikerin hatte jüngst als Gutachterin erklärt, dass eine Verwechslung des unschuldig eingesperrten Syrers mit dem Verdächtigen aus Mali durch fehlerhafte Informationen der Fahndungssysteme auszuschließen sei. Die entscheidenden Veränderungen, die zu einer Verwechslung hätten führen können, seien erst nachträglich erfolgt. Dies lege ein Komplott von Polizisten nahe, die den Syrer bewusst mit falschen Anschuldigungen ins Gefängnis gebracht haben könnten.

Ein Mitarbeiter des Datenbank-Herstellers widersprach jedoch der Expertin. Er sei sich sicher, dass die Personen-Datensätze des Syrers und des Afrikaners vor der Festnahme des Syrers zusammengeführt worden seien, sagte der Zeuge im Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags. »Die Daten geben keine andere Erklärung her.« Dies lege eher eine Verwechslung beider Männer nahe, obwohl die sich nicht ähnlich sahen.

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