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Die Zukunft bereitet Kopfschmerzen

Erst mal keine große Meisterfeier für Berlins Basketballer: Klubs und Bundesliga müssen sofort am Konzept 2.0 arbeiten

  • Florian Lütticke
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenige Minuten nach der Gratulation und gleichzeitigen Kampfansage von Uli Hoeneß aus dem fernen München startete der kleine Meisterempfang für die Profi-Basketballer von Alba Berlin auf Gleis 8 des Hauptbahnhofs. Center Johannes Thiemann präsentierte den Fans in gebührendem Corona-Abstand die silberne Trophäe, die Anhänger feierten. Glücklich über die erste Meisterschaft seit zwölf Jahren und das Ende der gut dreiwöchigen Hotelquarantäne erreichten die Spieler am Sonntag 25 Minuten vor Mitternacht mit dem Zug aus München ihre sportliche Heimat.

Eine richtige, rauschende Meisterfeier in Berlin ist während der Coronavirus-Pandemie zunächst nicht geplant. »Wir werden das mit unseren Fans in irgendeiner Form nachholen, wenn es irgendwann wieder geht«, versprach Manager Marco Baldi. Der kleine Empfang nach dem außergewöhnlichen Finalturnier in der Nacht zu Montag zeigte, dass Normalität im Basketball vorerst noch weit entfernt ist. »Nach dem Turnier stehen uns wieder spannende Zeiten bevor«, sagte Baldi nach dem Finalerfolg gegen Ludwigsburg. »Wir werden noch viele Kopfschmerzen in den nächsten Tagen und Wochen haben - wahrscheinlich weniger wegen des Feierns - sondern weil wir in einer ungewissen Zeit leben.«

Für die Berliner geht es auch darum, die eigene Zukunft zu planen. Auf der Busfahrt zum Münchner Bahnhof lauschte Alba-Trainer Aito Garcia Reneses im blauen Double-Shirt lachend den Gesangsdarbietungen seiner Spieler. In der dritten Saison hat der 73-jährige Spanier seine Berlin-Ära nach dem Pokalsieg im Februar nun mit dem Meistertitel gekrönt. Ob er ein Jahr dranhängt, ließ er noch offen und verwies auf spätere Überlegungen. »Er ist ne Type. Ich glaube, er wird machen, worauf er in dem Moment Lust hat«, sagte Kapitän Niels Giffey am Montag. »Er ist in einem Alter, wo er das wirklich nur macht, weil er Basketball extrem liebt. Er ist mehr ein Professor als ein klassischer Coach, er ist besonders.« Auch die Kaderplanung muss Manager Baldi für die kommenden Spielzeit intensivieren. Erster Abgang bei Alba könnte Center Landry Nnoko sein, den es zu Roter Stern nach Belgrad ziehen soll.

Die Konkurrenz will nach dem Erfolg der Berliner jedenfalls wieder angreifen. Nach einem kurzen Seufzer zollte Uli Hoeneß Alba als Meisternachfolger des FC Bayern seinen Respekt. »Sie haben wirklich überragend während dieser drei Wochen gespielt und da muss ich ihnen gratulieren, denn sie haben die Meisterschaft verdient gewonnen«, sagte der Ehrenpräsident der Münchner und stellte die Ambitionen des gestürzten Titelverteidigers klar: »Es liegt jetzt am FC Bayern, im nächsten Jahr wieder anzugreifen.« Nach dem Viertelfinalaus und einer enttäuschenden Saison ohne Titel oder Endspielteilnahme müssen die Münchner Basketballer wieder ihre Identität finden.

Auch generell steht der deutsche Basketball vor einer wichtigen zeit. Als einziger Teamsport neben dem Profifußball wurde die unterbrochene Spielzeit erfolgreich beendet. Noch ist offen, wann es wieder losgehen soll - ein Saisonstart bis spätestens Mitte Oktober und möglichst wieder mit Zuschauern wird angestrebt. »Wir werden relativ zeitnah mit den Klubs zusammenkommen, und dann haben wir Fragen: Wann fangen wir an? Wie gehen wir mit Standards um?«, sagte Ligamanager Stefan Holz. Als mögliche Folge der Coronakrise ist derzeit beispielsweise offen, ob der geforderte Mindestetat von drei Millionen Euro pro Klub ausgesetzt wird.

Um wieder vor Fans spielen zu können, entwickelt die Liga ihr strenges Hygiene- und Sicherheitskonzept jetzt weiter. »Es wird am Ende womöglich darauf hinauslaufen, dass manche Hallen mit 50 Prozent Kapazität spielen können und manche nur mit 20 oder 30 Prozent«, meint Holz, der mit dem Finalturnier in München sehr zufrieden war: »Es hätte nicht besser laufen können.«

Für das Konzept 2.0 setzt die Basketball-Bundesliga wieder auf die Expertise von Florian Kainzinger, der auch den Deutschen Fußball-Bund bei Diagnostik und Tests berät und Projektleiter der Deutschen Fußball-Liga in diesem Bereich ist. »Wenn die Situation in Deutschland so wie heute ist, dann können wir mit guten Konzepten überzeugen«, sagte Kainzinger mit Blick auf das Pandemiegeschehen. »Und die Arbeit muss jetzt gemacht werden, dafür sind die Sommermonate da, um die Vereine, die Ligen und die einzelnen Hallen und Stadien darauf vorzubereiten.« dpa/nd

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