Verlängerungsklauseln in Makleraufträgen

Bundesgerichtshof schaffte Klarheit

  • Anja Semmelroch
  • Lesedauer: 3 Min.

So gut wie alle Maklerverträge enthalten Verlängerungsklauseln - und daran ist in vielen Fällen auch nichts auszusetzen. Der Bundesgerichtshof entschied am 28. Mai 2020 (Az. I ZR 40/19), dass Immobilienmakler ihre Auftraggeber grundsätzlich über ein halbes Jahr hinaus an sich binden dürfen. Verträge, die sich ohne Kündigung automatisch immer weiter verlängern, seien zumindest dann unbedenklich, wenn der neue Zeitraum nicht mehr als die Hälfte der Grundlaufzeit beträgt, also höchstens drei Monate.

Konkret ging es um den Verkauf einer Wohnung im Raum Stuttgart. Die Eigentümerin hatte damit die Kreissparkasse Waiblingen beauftragt und sich vertraglich verpflichtet, keine weiteren Makler einzuschalten. Der Auftrag war zunächst auf sechs Monate befristet. Laut Vertrag sollte er sich aber automatisch verlängern - »jeweils um weitere drei Monate, falls er nicht gekündigt wird«.

Die sechs Monate vergingen, und es fand sich kein Käufer. Als sich schließlich ein anderer Makler mit einer Interessentin meldete, zögerte die Frau nicht lang: Die Wohnung wechselte für 283 000 Euro den Besitzer. Der Sparkasse hatte sie nicht gekündigt. Die forderte Schadenersatz für die entgangenen Provisionen von insgesamt 15 565 Euro.

Und das mit Recht, wie nun die Karlsruher Richter entschieden. Anders als zuvor das Oberlandesgericht Stuttgart halten sie es für »grundsätzlich unbedenklich«, dass der Auftrag ohne Kündigung einfach weiterläuft. »Das ist eine Regelung, die durchaus auch im Interesse des Kunden sein kann«, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Die automatische Verlängerung erspare beiden Seiten lästige Formalitäten. Und der Kunde könne ja kündigen. In dem Fall war dafür eine Frist von vier Wochen vorgesehen. Das finden die Richter angemessen.

Den Immobilienverband Deutschland (IVD), der unter anderem Makler vertritt, freut das Urteil. »Jetzt gibt es endlich Rechtssicherheit«, sagt der stellvertretende Bundesgeschäftsführer Christian Osthus. Denn bisher hatten sich die Makler beim Aufsetzen ihrer Verträge in einer Grauzone bewegt. Was geht und was nicht, war unter Experten umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt.

Verlängerungs- und Kündigungsklauseln gibt es deshalb in den unterschiedlichsten Varianten. Osthus kann sich vorstellen, dass die vom BGH überprüfte Fassung nun Schule macht - also sechs Monate Grundlaufzeit, Verlängerung um jeweils drei Monate, vier Wochen Kündigungsfrist. »Wer sich jetzt rechtskonform verhalten will, der geht nicht über das hinaus, was der BGH heute entschieden hat.«

Das unbegrenzte Weiterlaufen des Vertrags sieht der Verband kritischer als die BGH-Richter. »Von der Möglichkeit, dass sich der Vertrag immer wieder um drei Monate verlängert, sollte man nur beschränkt Gebrauch machen, selbst wenn der BGH dies zulässt«, empfiehlt Osthus. »Nach 12 bis 18 Monaten sollte der Alleinauftrag auf neue Füße gestellt werden, um ihn zum Erfolg zu führen.«

In dem Streit aus Waiblingen geht die Sparkasse trotzdem leer aus - obwohl sie in der grundsätzlichen Frage im Recht ist. In ihren Dokumenten stand der Hinweis auf die Kündigungsfrist nämlich nicht im eigentlichen Vertrag, sondern versteckt in einer von drei Anlagen. Mit so etwas rechne der Kunde nicht, meinten die BGH-Richter. Sie erklärten deshalb die gesamte Verlängerungsklausel für unwirksam.

Ein Glück für die Kundin: Sie hatte nämlich schon dem zweiten Makler eine Provision gezahlt. Sie wäre also doppelt abkassiert worden. dpa/nd

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