Angstmachen als Strategie

Steven Taylor stellt Ansätze für ein psychosoziales Krisenmanagement vor

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Steven Taylor, US-Professor für Klinische Psychologie, begann die Arbeit an der englischen Fassung seines Buches im Frühjahr 2018. Im Oktober 2019, kurz vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie, erschien der Band unter dem Titel »Die Pandemie als psychologische Herausforderung«. In kurzen Kapiteln wird, auch für Laien verständlich, präzise erklärt, was eine Pandemie ist und welche Methoden im Umgang damit es gibt. Dabei tauchen aktuell bekannt gewordene Begriffe wie Social Distancing auf.

Der Schwerpunkt liegt auf den psychologischen Reaktionen auf solche Krisen. Dabei unterscheidet Taylor zwischen Menschen, die mit den Stresssituationen einer Pandemie gut zurechtkommen, während andere das nicht können. Der Autor geht auf die Menschen ein, die der Meinung sind, ihnen könne das Virus nicht gefährlich werden, und die Hygiene- und Schutzmaßnahmen ablehnen. Andererseits gibt es Personen mit einer übertriebenen Angst vor Ansteckung. Sie waschen und desinfizieren sich häufig die Hände und wollen ihre Wohnung nicht mehr verlassen.

Im Rekurs auf vergangene Pandemien macht Taylor auf Verschwörungstheorien und das Verbreiten von Gerüchten als Begleiterscheinungen von weltweiten Epidemien aufmerksam. Da das Buch vor Corona erschien, geht er nur im Vorwort der deutschen Ausgabe auf deren Besonderheit ein. »Was die Corona-Pandemie von früheren Pandemien unterscheidet, ist die Tatsache, dass Covid-19 die erste Pandemie im Zeitalter von sozialen Medien als auch weltweiter Vernetzung durch das Internet und Mobiltelefone ist«, betont Taylor. Dadurch würden zwar Gerüchte gefördert, aber Menschen könnten auch in der Isolation miteinander in Kontakt bleiben.

Mit der Berichterstattung zu vergangenen Pandemien setzt er sich kritisch auseinander. »Während des Ausbruchs von Sars zwischen 2002 und 2003 verstärkten beispielsweise Medien Gefährlichkeit und Ansteckungsgefahr des Virus, was zu weitverbreiteter, aber nur kurz andauernder Angst und sichtbarem Fremdenhass führte.« In einem eigenen Kapitel wird die »Regelbefolgung durch Angsterzeugung« diskutiert, die Taylor als häufige Strategie bei Gesundheitsfördermaßnahmen bezeichnet. Wie im Text insgesamt enthält sich der Autor klarer Urteile, benennt aber jeweils Vor- und Nachteile. So liefert das Buch auch in der neuen Normalität nach Corona wichtige Anregungen.

Steven Taylor: Die Pandemie als psychologische Herausforderung. Psychosozial-Verlag, 185 S., br., 19,90 €.

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